Diese Woche ging bei PokerStars die Beta-Version von Power Up online. Hierbei handelt es sich um eine ganz neue Variante, Poker zu spielen – mit cooler neuer Grafik und spielverändernden Zusatzfähigkeiten, die eine ganz neue Dimension in das Spiel bringen sollen.
Ich habe das neue Format getestet, erkläre kurz, wie es funktioniert, gebe ein paar Tipps zum Spiel und erkläre dann, warum es zumindest in der jetzigen Version meiner Meinung nach ein (teurer) Schuss in den Ofen ist.
Wie funktioniert Power Up?
Jeder Spieler bekommt – wie beim normalen Hold'em auch – zwei Holecards, es wird nach No-Limit-Regeln gesetzt und es gibt Flop, Turn und River. Gespielt wird im Moment zu dritt im Turniermodus, der Sieger bekommt den gesamten Preispool.
Dazu gibt es die sogenannten Power-Karten und Energie. Wenn ein Spieler an der Reihe ist, kann er für Energie-Kosten Power-Karten einsetzen. Diese Karten dienen dazu, etwa die eigene Hand zu verbessern, Karten der Gegner einzusehen, Karten auf dem Board zu zerstören oder die nächsten Karten im Deck anzuzeigen.
Ist man an der Reihe und hat genügend Energiereserven, kann man diese Power-Karten einsetzen. Jeder Spieler hat zwei bis drei zufällig ausgewählte Power-Karten zur Verfügung und nachdem man eine eingesetzt hat, wird einem eine neue zufällige Power-Karte zugelost.
Jeder Spieler beginnt mit 10 Energie und erhält nach jeder gespielten Hand 2 Energie hinzu. Maximal kann ein Spieler 15 Energie haben.
Welche Power-Karten gibt es?
Diese Power-Karten gibt es zur Zeit. Man hält stets 2 oder 3 verschiedene Power-Karten. In Klammern sind die Energie-Kosten angegeben.
- Clone (2): Man erhält eine Kopie der zuletzt in dieser Hand gespielten Power-Karte.
- X-Ray (2): Man sieht von allen Gegnern eine zufällig ausgewählte Holecard. Diese Info steht auch den Mitspielern zur Verfügung.
- EMP (3): In dieser Setzrunde sind keine weiteren Powerups möglich.
- Intel (3): Für den Rest der Hand sieht man die oberste Karte im Deck. Die Gegner sehen diese nicht.
- Disintegrate (4): Man kann eine Karte auf dem Board aussuchen und zerstören.
- Scanner (4): Man sieht die zwei nächsten Karten im Deck und kann sich aussuchen, diese zu tauschen oder beizubehalten. Die Gegner sehen die Auswahl nicht.
- Upgrade (5): Man bekommt eine dritte Holecard und muss dann eine ablegen.
- Reload (5): Man kann eine oder beide Holecards tauschen.
- Engineer (5): Man kann sich die nächste Karte im Deck aus drei Optionen aussuchen. Die Gegner sehen die Auswahl.
Mit diesen Powerkarten kann man teilweise drastischen Einfluss auf den weiteren Verlauf der Hand nehmen, doch die momentane Hyper-Turbo-Struktur der Turniere macht einen Großteil der taktischen Optionen fast überflüssig.
Geschwindigkeit des Spiels
Jeder Spieler beginnt mit 2.000 Chips bei 40 / 80 Blinds. Es geht also mit 25 Big Blinds los und alle 5 Hände (alle 6 Hände im Heads-Up) werden die Blinds kräftig angezogen. Die Bedenkzeit ist knapp gehalten und jedem Spieler steht eine Time-Bank von 20 Sekunden zur Verfügung. Trotz der hohen Blinds und der geringen Bedenkzeit fühlt sich Power Up recht langsam an. Einen guten Teil der Zeit verbringt man damit, auf Gegner zu warten, die irgendwelche Fähigkeiten ausführen.
Im Moment ist ein Power-Up-Turnier nach rund 10 Minuten oder ungefähr 20 bis 25 Händen beendet. Abgesehen von dem allerersten Blind-Level finden fast alle Entscheidungen praktisch nur vor dem Flop statt und es handelt sich um ein simples Shove-or-Fold-Spiel.
Tipps und Ticks für Power Up
Ich habe das Format kurz getestet und es spielt sich in weiten Teilen wie ein Hyper-Turbo-Sit-And-Go. Die Power-Karten helfen an einigen Stellen, eine Entscheidung zu treffen und können hier und da helfen, das Blatt zu seinen Gunsten zu wenden, aber vor allem kommt es immer noch darauf an, dass man einen soliden aggressiven Stiefel spielt.
Foldet man mehrere Hände, ohne zu spielen, hat man schnell das Energie-Maximum von 15 erreicht. Bevor das passiert, sollte man Energie in eine Power-Karten umsetzen, ansonsten gehen zusätzliche potentielle Energie-Gewinne verloren. So kann man eventuell nutzlos scheinende Power-Karten ausspielen, nur um diese gegen potentiell nützlichere zu tauschen. Denn man bekommt nach dem Ausspielen einer Power-Karte eine neue gegeben.
Bei höheren Blinds sollte man sehr liberal mit Power-Karten umgehen, insbesondere wenn man viel Energie hat. In späteren Phasen des Turniers liegen schnell 20 Prozent der effektiven Stacks allein durch die Blinds in Mitte, man ist also ohnehin gezwungen, eine Menge schwache Karten zu spielen. Dann sollte man durch Einsetzen von Power-Karten aggressiv versuchen, die eigenen Karten zu verbessern oder sich Chancen auf dem Flop zu schaffen.
Disintegrate – die Power-Karte mit der man eine Board-Karte zerstören kann – ist völlig nutzlos, wenn das Spiel im reinen Push-Fold-Modus ist. Denn sobald beide Spieler all-in in sind, können keine Power-Karten mehr benutzt werden. Sollte man Disintegrate auf der Hand halten, sollte man diese Karte bei der erstbesten Gelegenheit nutzen, schon allein, um später nicht eine tote Power-Karte zu halten.
Intel – die Power-Karte mit der man die nächste Karte im Deck bis zum Ende der Hand sieht – ist ähnlich nutzlos ab dem zweiten Blind-Level, denn in der Regel sieht man nur die erste Karte im Flop, da man auf Turn und River entweder all-in ist oder die Hand schon vorbei ist. Also sollte auch diese Karte anfangs aggressiv eingesetzt werden.
Rake von Power Up
Der beste Tipp zum profitablen Spiel vom Power Up: Spielt es nicht.
Im Moment gibt es zwei Buy-Ins: $1 und $3. Betrachtet man effektives Buy-In und Rake getrennt, zahlt man bei den Turnieren $0,92 + $0,08 und $2,76 + $0,24. Man zahlt pro Turnier 8,7 Prozent Rake. Mit dieser Rake sind die Turniere, die bestenfalls 25 Hände andauern, nicht zu schlagen. Leider hat es PokerStars wieder nicht geschafft, ein neues Format anzubieten, dass aus Sicht eines auf die Bankroll bedachten Spielers sinnvoll ist.
Die Gegner bei Power Up wirkten auf mich auf den ersten und zweiten Blick recht ahnungslos, doch das ist bei $3-Turnieren generell kaum anders zu erwarten. Die Ahnungslosigkeit der Gegner reicht leider nicht ganz aus, um die viel zu hohe Rake langfristig schlagen zu können.
Fazit
Power Up ist im Moment nicht viel mehr als ein Versuch von PokerStars, Poker einen ganz neuen Anstrich für Freizeitspieler zu geben. Der Versuch scheitert in der Beta-Version jedoch an mehreren Ansätzen.
Das Spiel fühlt sich unrund an. Viele Power-Karten wirken meistens nutzlos oder haben so minimal nuancierte Auswirkungen auf Entscheidungen, dass man die Sinnhaftigkeit der Karten schnell in Frage stellt. Beispiel: Ich halte preflop A-K und die wende Scanner-Fähigkeit an, sehe dann, dass die nächsten Karten im Deck 2 und 7 sind und entsorge diese. Okay, dann habe ich meine Chancen, Top-Pair im Flop zu treffen minimal erhöht. Aber dafür habe ich jetzt 4 Energie bezahlt? Das fühlt sich nicht sonderlich nach Power Up an. Oder ich halte K-4 und benutze die Upgrade-Karte und bekomme eine 7 dazu. Hey, ich habe meine Hand dann zu K-7 verbessert. Das ist auch kaum besser oder schlechter.
Klar, die Power-Karten haben einen Einfluss, aber dieser ist oftmals einfach gefühlt zu klein, um wirklich einen Unterschied zu machen in einem Spiel, dass weiterhin sehr stark vom Faktor Kartenglück geprägt ist.
Ein weiteres Problem ist, dass das Spiel mehr oder weniger eine Preflop-All-In-Clown-Fiesta ist. Poker wird hier sehr schnell nur auf Entscheidungen zu Push, Fold und Call reduziert. Es gibt zwar eine Menge Action in Form von Showdowns zu sehen, aber großes Poker-Feeling mit Bluffs, knappen Value-Bets und gewagten Reads kommt hier nicht auf.
PokerStars bleibt mit der Beta-Version von Power Up die Antwort auf die Frage schuldig, warum man dieses Spiel überhaupt spielen soll. Wer Poker spielen will, spielt Poker. Wer Kartenspiele mit coolen Fähigkeiten spielen will, spielt immer noch Hearthstone, TES: Legends, Shadowverse, Gwent oder wartet auf Artifact von Valve. Zu viel Rake für zu schnelle Turniere kann man bei PokerStars auch anderswo zahlen, dafür braucht es kein Power Up.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 10.10.2017.