Egal wie groß die Swings sind, egal wie hart die Bad Beats, egal wie anstrengend das ständige Reisen und die regelmäßigen nächtlichen Online-Sessions sind – wenn man am Ende eines jeden Tages sagen kann: „Ich liebe Poker immer noch,“ hat man wohl seine Profession für das Leben gefunden.
Willkommen im Leben von Jeff Gross.
Vormals war er besser bekannt als der „professionelle beste Freund“ von Antonio Esfandiari und Brian Rast. Inzwischen hat Jeff Gross seinen ganz eigenen Weg eingeschlagen und die Ergebnisse können sich sehen lassen. Er hat einen äußerst beliebten und wachsenden Twitch-Stream. Er hat eine riesengroße Fangemeinde. Er hat fantastische Ergebnisse an den Tischen, sowohl Live, als auch Online. Er ist regelmäßig Gastkommentator bei den großen Pokerveranstaltungen und jetzt ist er auch noch Mitglied des PokerStars-Team-Pro.
Mit harter Arbeit, einer festen Zielsetzung und ungebremsten Enthusiasmus hat sich Jeff Gross seine jetzige Position erkämpft und es ist kein Wunder, dass er dieses Jahr bei den PokerListings-Spirit-Of-Poker-Awards nominiert ist.
Letzte Woche war er in Barcelona, um die PokerStars-Championship zu spielen. Dort hat sich unser Kollege Dirk Oetzmann mit dem Kanadier getroffen, um mit ihm über die Highlights seiner Karriere und Poker auf dem Streamboat zu sprechen.
PokerListings: Lass uns erst über das Streamboat sprechen. Kannst du uns erklären, was das ist und was dort als nächstes passiert?
Jeff Gross: Am Anfang war das in erster Linie Bill Perkins, der ein paar Leute auf sein Boot eingeladen hat. Also gingen Jamie und Matt Staples, Bill Perkins, ich und ein paar Freunde auf das Boot vor der Küste der US Virgin Islands. Wir Streamen vom Boot, denn es ist nicht innerhalb des Gebietes der USA.
Was wir jetzt machen ist wesentlich organisierter. Es wird sechs Leute geben, die zum Spielen runterkommen, wir haben ein Haus auf den British Virgin Islands und können von dort aus spielen. Die Streams haben also eine feste Örtlichkeit. Unter anderem Kevin Martin vom PokerStars-Online-Team und Mike McDonald werden uns besuchen. Das letzte Mal spielten wir einfach in einer zufälligen Woche ein paar Turniere und Cashgames. Diesmal steht jedoch die WCOOP und wir werden jeden Tag streamen. Und es wird sechs Kandidaten geben.
PL: Kandidaten?
JG: Wir werden sechs Leute einladen, zu uns zu kommen und mit uns zu spielen. Man kann ein Video schicken und erklären, warum man bei uns mitmachen will und wir werden die sechs Sieger küren und einladen. Es wird zwei Gruppen mit jeweils drei Spieler geben, die drei Tage sind. Das sollte auf alle Fälle viel Spaß machen. Es wird auch ein paar organisierte Aktivitäten geben und wir werden mit unserem Boot rausfahren. Ich erwarte eine Menge Chaos.
PL: Ist das ein Versprechen?
JG: Ja. Insbesondere Bill ist unberechenbar. Immer wenn wir uns treffen, machen wir irgendetwas völlig verrücktes und er ist immer gut drauf. Das wird ein sehr besonderes Event.
PL: Heutzutage wird es immer schwieriger, einen Deal mit Anbietern zu bekommen. Hat Twitch als Geldquelle für Pokerspieler diese Rolle übernommen?
JG: Es gibt eine große Menge von Streamern, aber ich würde nicht davon sprechen, dass hier eine Rolle übernommen wurde. Man muss auch verstehen, dass wirklich nur die Top-Streamer eine gute Menge Geld machen. Es ist nicht so, dass man einfach einen Twitch-Kanal aufmacht und auf einen Schlag viel Geld verdient. Aber natürlich ist es eine neue Einkommensform, wenn man gute Inhalte hat. Ich sehe, dass Online-Poker ein wenig wiederbelebt wurde und das hat sicherlich mit Twitch zu tun.
Twitch gab mir meine Leidenschaft für Online-Poker zurück. Teil einer Gemeinschaft zu sein macht so viel mehr Spaß. Es ist einfach eine so schöne Erfahrung, wenn man Online spielt und einem Leute zuschauen, wie man in der späten Phase eines Turniers einen Flip gewinnt und sie auch zuschauen, wenn man jubilierend herumtanzt.
So viele Leute sprechen darüber und Twitch weckt das Interesse für das Spiel und bringt Spieler an die Tische zurück. Irgendjemand sagte mir letztens, er sah Doug Polks Kanal und deswegen wollte er mit dem Pokerspiel wieder anfangen. Der mag zwar etwas polarisieren und nicht jeder mag all seine Videos, doch er macht Poker zum Gesprächsthema und das ist im allgemeinen erst einmal gut. Schau dir doch einfach einmal Events wie dieses hier [PSC Barcelona] an – die Spielerzahlen sind mehr oder weniger auf dem höchsten Stand aller Zeiten.
PL: Was sind die Highlights deiner bisherigen Twitch-Erlebnisse?
JG: Ein Highlight war auf alle Fälle als wir zusammen mit Kevin Martin und Jaime und Matt Staples in Montreal streamten. Ich war insgesamt drei Wochen da, doch eine Woche haben wir für sieben Tage jeden Tag 24 Stunden gestreamt. Wir hatten Schichten mit jeweils sechs Stunden und unser Ziel war es, Geld für die Michael-Phelps-Stiftung zu sammeln. Insgesamt kamen über 20.000 Dollar zusammen.
Ein anderes Highlight ergab sich kurz vor meiner Hochzeit. Ich war in Brasilien im Haus der Eltern meiner Frau und habe 25 Stunden gestreamt. Ich hatte ein Razz-Turnier gespielt und es am Ende unter die letzten drei Plätze geschafft. Ich erinnere mich, dass meine Schwiegereltern ins Bett gingen und als sie aufstanden, saß ich immer noch da und spielte. Das war ein paar Tage vor der Hochzeit und sie werden sich gedacht haben „Hat der so kurz vor der Hochzeit nichts Besseres zu tun?“ – Das war irgendwie lustig.
Mein größtes Publikum hatte ich während der SCOOP, als ich den Finaltisch eines $1k-Events erreichte und mir über 20.000 Leute zuschauten. Als noch ungefähr 50 Spieler dabei waren, war ich mit Königen gegen Ass-König ich vor dem Flop all-in. Mein Gegner traf ein Ass, auf dem Turn kam der letzte König, doch mein Gegner hatte immer noch einen Re-Draw zu einem Flush. Am Ende gewann ich die Hand und die Leute rasteten aus. Das war wirklich unglaublich.
Manchmal fragen mich die Leute, ob es nicht ermüdend ist, doch inzwischen verstehe ich Phil Hellmuth, wenn er sagt: „Poker ist mein Leben“. Ich kann sagen, dass ich Poker aufrichtig liebe.
PL: Du hast auch bei der WSOP kommentiert. Wie war das?
JG: Ich habe beim Main-Event ein wenig kommentiert und auch bei einigen Turnieren am Anfang der Serie. Ich weiß nicht einmal, ob es auf ESPN zu sehen war. Die Sache ist, ich liebe es, selbst zu spielen. Ich habe eine potentielle Fußball-Karriere aufgegeben, um Poker zu spielen und wenn ich beim Poker zuschaue, will ich auch selbst mitspielen. Auf der anderen Seite bin ich ein Twitch-Streamer und daran gewöhnt, über mehrere Stunden zu sprechen. Deswegen macht mir das Kommentieren auch Spaß.
PL: Kannst du dich mit der Idee anfreunden, der nächste Gabe Kaplan oder Norman Chad zu werden?
JG: Wer weiß schon was passieren wird? Ich liebe das Spiel und es gibt einige Schoß und Formate, wo man beides verbinden kann. Schau dir einfach einmal Tony Dunst an – der spielt diese Events und macht auch seine eigene Show. Ich denke, zu dem großen PokerStars-Events zu kommen und für den Final-Table in die Kommentatoren-Box zu schlüpfen, ist etwas, das mir sehr gefallen wird. Was dann kommt, werden wir sehen.
» Jeff Gross auf Twitch
» Stream Boat mit Bill Perkins
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 29.08.2017.