Seit Anfang des Jahres hat Pokerlegende Doyle Brunson wieder zu bloggen begonnen und erfreut die Pokergemeinde seitdem regelmäßig mit spannenden Geschichten aus seiner erlebnisreichen Vergangenheit. In seinem neuesten Eintrag geht es um eine Geschichte, die noch gar nicht so lange her ist. 1998 schied Texas Dolly bei der WSOP aus einem Turnier aus und kam auf dem Heimweg vom Regen in die Traufe. Hier sein aktueller Text in deutscher Übersetzung:
Bei WSOP 1998 war ich gerade aus dem PLO-Turnier ausgeschieden. Ich hatte schlecht gespielt und war immer noch sauer auf mich, als ich an einen Texas Hold’em Cashgame-Tisch setzte, um mich abzureagieren. Obwohl ich tags zuvor bei Razz mein achtes Bracelet gewonnen hatte, war ich so verärgert, dass ich beim Cashgame schlecht spielte. Ich verlor einige Pots und verstaute meinen Stack mit 500 $-Chips und einigem Bargeld in meiner Tasche, um nach Hause zu fahren. Ich hatte keine Ahnung, was mich in dieser Nacht noch erwarten würde.
Als ich mein Auto abstellte und zur Haustür ging, hörte ich ein Geräusch hinter mir. Mit den Hausschlüsseln in der Hand drehte ich mich um und sah zwei schwarzgekleidete Männer mit Skimasken, die Pistolen auf mich richteten. Mir wurde direkt klar, dass sie in mein Haus einbrechen, mich ausrauben und vielleicht meiner Frau und mir etwas antun wollten. Ich erinnere mich daran, wie ich „Oh, Scheiße“ sagte und meine Schlüssel so weit wie möglich fortwarf. Einer der Männer hielt seine Pistole an meinen Kopf und sagte, dass er mich bei der kleinsten Bewegung erschießen würde, während sein Partner die Schlüssel von der Straße aufsammelte.
Einer der Räuber war groß, der andere klein. Der Große hielt mir die Pistole an den Kopf und sagte, dass wir nun ins Haus gingen. Offenbar vermuteten sie im Haus eine Menge Geld, da sie mehrere Taschen dabei hatten. Da sich dort nur ein paar Hundert Dollar befanden, sagte ich ihnen, dass wir nicht hinein gehen würden. Der große Mann hielt mir wieder die Pistole an den Kopf und sagte, dass ich dann hier auf der Straße sterben würde. Was sollte ich tun? Ich hatte Angst um meine Frau Louise, wollte aber auch nicht erschossen werden, weil ich Widerstand leistete. Gerade hatte ich Ty Thompsons Buch „The Unsinkable Titanic” gelesen, in dem es um die Lebensgeschichte des berühmten Zockers Titanic Thompson ging. Ty hatte fünf Räuber getötet, indem er einen Herzanfall antäuschte und anschließend seine Pistole aus dem Schulterhalfter holte.
Ich hatte keine Pistole, doch ich griff mir an die Brust und röchelte „Ich habe einen Herzanfall, holt den Notarzt.“ Das machte die Räuber nervös, doch sie öffneten die Tür, wodurch der Alarm ausgelöst wurde. Ich wusste, dass ich Hilfe brauchte, denn mit genug Zeit würden sie mir und Louise vermutlich etwas antun. Daher nannte ich ihnen die falschen Zahlen, ehe die Alarmanlage schließlich ausging. Der große Räuber schlug mich mit der Pistole ins Gesicht und zerstörte dabei meine Brille. Meine Frau hatte oben im Schlafzimmer gelegen, kam die Treppe herunter und wurde gezwungen, die Alarmanlage abzustellen.
Ich lag blutüberströmt auf dem Fußboden und klagte über meinen „Herzanfall“. Offenbar gab ich einen traurigen Anblick ab, denn Louise wollte zu mir kommen, doch der große Räuber ließ dies nicht zu. Das Telefon klingelte und allen war klar, dass es sich um die Sicherheitsfirma handelte. Der kleinere Räuber hielt mir die Pistole an den Kopf und sagte, er würde mich umbringen, wenn ich mich bewege. Der andere richtete seine Pistole auf Louise und sagte zu ihr, ihr würde dasselbe geschehen, wenn sie der Sicherheitsfirma nicht sagte, dass alles in Ordnung wäre. Louise tat wie befohlen und sagte der Frau am Telefon, alles wäre in Ordnung, nannte dabei aber den falschen Nummern-Code. Als die Frau darauf hinwies, dass der Code falsch wäre, sagte Louise, „Ja, ich weiß“. Sie wiederholte die falsche Zahlenkombination und legte auf. Ich konnte kaum glauben, dass sie sich unter einem solchen Stress eine falsche fünfstellige Zahlenkombination merken konnte.
15 oder 20 Sekunden klingelte das Telefon erneut. Später hörte ich mir das Tonband mit dem Gespräch an. Der Räuber ging dran und die Frau schrie „Das war der falsche Code“. Der Räuber versuchte wie Louise zu klingen und wiederholte immer wieder, alles wäre in Ordnung. Schließlich merkte die Frau, dass es etwas nicht stimmte, legte auf und rief die Polizei. Der große Räuber erkannte, dass man ihnen auf der Spur war und rannte zu mir. Er drohte mit seiner Pistole und sagte mit zitternder Stimme: „Für das, was Du uns angetan hast, werde ich dich umbringen.“ Louise sprang vor ihn und rief, „Bring mich um, nicht ihn“. Alle, auch ich, waren fassungslos, und dann warf der größere Räuber sie neben mich auf den Fußboden.
Ich ging zu den Räubern und sagte ihnen, dass sie besser gehen sollten, da die Polizei auf dem Weg wäre. Wenn sie Geld wollten, könnten sie die 8 oder 9 Tausend in meiner Tasche haben. Er griff in meine Tasche, holte ein Geldbündel heraus und eine Handvoll Chips. Er warf die Chips auf den Boden und sagte, „Das nennst Du Geld?“ Er griff in meine andere Tasche, holte einige weitere Scheine heraus und einen Beutel mit 90.000 Dollar in 5.000-$-Chips. Das war das Geld, das ich am Abend vorher für meinen Sieg beim Razz-Turnier bekommen hatte. Das hatte ich völlig vergessen. Vielmehr hatte ich geglaubt, ich hätte ich es in mein Schließfach im Horseshoe untergebracht, doch das hatte ich offenbar versäumt.
Der Räuber räumte alles in eine Tasche, dann schlug er mich wieder, weil er wissen wollte, wo der Safe ist. Ich sagte ihm, ich hätte keinen Safe. Außerdem sei kein Geld im Haus und die Polizei auf dem Weg hierher.
Er holte drei Handschellen heraus und schloss mich und Louise damit zusammen. Er öffnete die Tür, um zu gehen, und ich sagte zu ihm: „Lass mir meine Brieftasche da. In ihr ist kein Geld und wenn du die Kreditkarten benutzt, wirst du erwischt.” Ich werde nie vergessen, wie er innehielt, die Tür zwischen seinen Beinen einklemmte und mich 30 Sekunden ansah. Er warf er die Brieftasche über seine Schulter und ging. Ich glaube, es verschaffte ihm irgendein sexuelles Erlebnis, als er die Tür zwischen den Beinen hatte.
Während wir auf dem Fußboden lagen und nicht hochkamen, sagte Louise, immer noch imGlauben, mir ginge es schlecht: “Hätte es du je gedacht, dass wir nach 35 Jahren so enden?“ Ich musste lachen und versicherte ihr, dass alles in Ordnung wäre und ich den Herzanfall nur vorgegaukelt hätte. Sie fragte mich, was in meiner Tasche leuchten würde, und ich sagte, „Mein Handy“. Wir konnten uns kaum bewegen, doch schließlich bekamen wir das Handy zu fassen und riefen unseren Nachbarn an, der direkt herüberkam. Dann kam die Polizei und nahm uns die Handschellen ab.
Am nächsten Tag ging ich zur Sicherheitsfirma und sprach mit der Chefin. Sie entschuldigte sich vielmals dafür, dass die Frau am Telefon einen Fehler begangen habe, weil sie wegen des falschen Codes zurückgerufen hatte. Sie brach in Tränen aus und erzählte, sie hätte die Frau selbst ausgebildet.
Ich sagte, das würde ich verstehen und die Sache vergessen, wenn ich die 100.000 $ zurückbekäme, die die Räuber gestohlen hatten. Das könne sie nicht, meinte sie, darauf sagte ich, wir würden die Firma verklagen. Das taten wir auch und erhielten bei dem anschließenden Vergleich 340.000 Dollar. Vor Gericht hätten wir viel mehr bekommen, doch ich wollte, dass Louise den Überfall schnell vergessen konnte. Sie hatte so etwas noch nie erlebt und hatte Angstanfälle. Da ich schon zum fünften Mal eine Knarre vor der Nase hatte, machte es mir nicht so viel aus.
Übrigens blieben meinen beiden Hunde Casper und Cutie während des gesamten Überfalls im Obergeschoss. Warum sie nicht herunterkamen, werden wie nie wissen. Wie auch immer, als die Polizei kam, rannte Casper die Treppe herunter und biss einen Polizisten.
Doyle Brunson
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 14.05.2012.