Sechs Tage lang war das Hyatt in Berlin nicht nur das Zentrum der Pokerwelt, sondern auch das Redaktionsbüro von PokerOlymp. Zu dritt versuchten wir das anfänglich unübersichtliche Spektakel in möglichst treffende Worte und Bilder zu fassen und ein möglichst stimmiges Bild in die deutschen Wohnzimmer zu transportieren.
Die anderen Bilder
der EPT Berlin
iPads und Smartphones
Immer, Überall!
im Hyatt
Matthias Kürschners
wortwörtliches Schwein
Als sogenannter Blogger tut man dabei durchaus auch etwas für die körperliche Fitness. Der Presseraum lag ungefähr 50 Meter vom Spielsaal entfernt und jede erhaschte Hand musste einmal quer durch den ersten Stock des Hyatt transportiert werden. So ging es tagein tagaus immer hin und her, und dabei konnte es schon passieren, dass man von einem anderen deutschen Blogger „gevettelt“ wurde.
Gemeint ist damit, dass man mit einer spannenden Hand auf dem Rückweg zum Presseraum zwar als Erster auf dem Gang war, dann aber brutales Opfer des Windschattens wurde. Der eifrige andere Blogger saugte sich erst an, scherte dann blitzschnell aus und zog dann unwiderstehlich davon, um schließlich einige Sekunden vor einem im Presseraum anzukommen. Uns war es völlig egal, doch andere schienen selbst nach elf Stunden Monster-Bloggen einen unersättlichen Kampfgeist an den Tag zu legen.
Was bleibt aus Bloggersicht sonst, abgesehen von einem reibungslosen Turnierverlauf und einem grandiosen Sieger, der in vielerlei Hinsicht beeindruckte, an Eindrücken hängen? Die aktuell an mehreren Stellen geführte Diskussion über das Erscheinungsbild der Pokerspieler zum Beispiel. Man muss dabei zunächst gar nicht über Anzüge oder feines Schuhwerk diskutieren, sondern sollte bei Adam und Eva beginnen.
Ein Spieler des Finaltisches (dessen Name ungenannt bleiben soll, da er ohnehin kein Deutsch versteht) schaffte es etwa, das sechstägige Turnier mit demselben T-Shirt und derselben Trainingshose zu absolvieren. Diese war immerhin so lang, dass über die Strümpfe kein Urteil abgegeben werden kann, und soweit wir wissen, ließ sich der betreffende Spieler auch nicht massieren.
Anton WiggObenrum adrett
Untenrum Hotelschlappen
Schlicht cool war dagegen Anton Wigg, der, ansonsten gut gekleidet und überhaupt ein äußerst angenehmer Tischgenosse, die EPT in Gratis-Frottee-Hotellatschen absolvierte, doch insgesamt ergibt die Diskrepanz zwischen teilweise verwahrlosten Spielern und der in feinster Casinokleidung arbeitenden Turnierleitung von Lamatsch bis zu den Dealern ein skurriles Bild.
Auch sonst bot die Bloggerarbeit manchen Grund zum Schmunzeln. Annähernd unvergesslich ist etwa der Anschiss, den sich ein nach zehn Stunden Extrembloggen bis auf die Knochen ausgehungerter Kollege einhandelte. Er hatte vom Buffet der TV-Crew genascht und sich dafür offenbar einen nicht enden wollenden Redeschwall in feinstem Oxford-Englisch verdient. Na, wenigstens ist er dank der kostenlosen Getränke nicht verdurstet.
Was an den ausgezehrten Bloggern gespart wurde, wurde andernorts bei der Players Party verheizt. Dort konnte nach Belieben gesoffen und gegessen werden, für alle Spieler, die sich während des Turniers trotz 300 Euro Startgebühr mit den sündhaft teuren Hotelgetränken (Mitbringen streng verboten) über Wasser halten mussten, bot sich so die Möglichkeit, in geradezu paradiesischer Manier für das leibliche Wohl zu sorgen.
Alles für’sFernsehen
Selbst wenn man bei der Players Party nur dezent dem Alkohol zugesprochen hatte, bekam man am Samstag beim Finale als Blogger einen dicken Kopf. Man konnte den Turniersaal betreten und war damit auf aktuellstem Stand, berichtet werden konnte wegen der Fernsehübertragung und Kollusionsgründen darüber aber erst eine Stunde später. Das ist zweifellos sinnvoll, eine schleichende Schizophrenie setzt bei dem, was Kollege Jan treffend als Presseraum-Jetlag bezeichnete, aber trotzdem ein.
Wie auch immer, die EPT Berlin hat viel Spaß gemacht und in ein paar Tagen kann die Vorfreude auf 2013 beginnen. Bye, bye Berlin.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 22.04.2012.