Und wieder gab es von der Justiz einen Rüffel für die deutsche Glücksspielgesetzgebung. Am vergangenen Freitag stoppte der 8. Senat des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs das im Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) festgeschriebene Konzessionsverfahren zur Vergabe von Sportwettlizenzen, weil es nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sei.
Nicht mit dem Grundgesetz vereinbar
In einer Pressemitteilung des deutschen Lottoverbandes heißt es, dass das oberste hessische Verwaltungsgericht die Einrichtung des Glücksspielkollegiums als zentrale Instanz der Glücksspielregulierung in Deutschland scharf kritisierte:
"Die im GlüStV für das Kollegium definierten weitreichenden Befugnisse, Entscheidungskompetenzen und Zuständigkeiten widersprächen der bundesstaatlichen Ordnung des Grundgesetzes und seien weder verfassungskonform noch demokratisch legitimiert.
Zudem würde das Glücksspielkollegium in einem aufsichtsfreien Raum agieren; es sei nicht gewährleistet, dass Verfahren transparent, objektiv und diskriminierungsfrei geführt werden."
Nach dem Glücksspielstaatsvertrag sollte das Bundesland Hessen 20 Anbieter bestimmen, die Sportwetten-Konzessionen in ganz Deutschland erhalten. Rund 80 Anbieter hatten sich beworben, somit war die Auswahl schwierig. Dazu kam, dass Anbieter, denen die Nichtzulassung drohte, dagegen klagten. Dies führte im Vergabeverfahren zu einem faktischen Stillstand.
Schallende Ohrfeige für den Glücksspielstaatsvertrag
Die Entscheidung ist eine schallende Ohrfeige für den bestehenden Glücksspielstaatsvertrag, der nach wie vor am Glücksspielmonopol des Staates festhält und Dinge wie private Pokerrunden und Online-Poker grundsätzlich untersagt. Gleichzeitig dürfen in nahezu jeder Kneipe Spielautomaten aufgestellt werden, die erwiesenermaßen ein hohes Suchtpotential aufweisen.
Norman Faber, Präsident des Deutschen Lottoverbandes, hierzu: "Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes entzieht dem Glücksspielkollegium als zentrale Schaltstelle des umstrittenen GlüStV ihre Legitimation. Damit ist der Staatsvertrag Makulatur; die Politik muss daraus Konsequenzen ziehen und jetzt rasch den Weg für eine verfassungs- und europarechtskonforme Glücksspielregulierung bereiten“.
Kritik von der EU-Kommission
Erst im Juli diesen Jahres monierte die EU-Kommission, dass der von den Bundesländern beschlossene Glücksspielstaatsvertrag weder den Schutz der Spieler gewährleistet noch den Bestimmungen zur Wettbewerbsfreiheit in der EU genügt. Die Kommission schrieb:
“Online Casino- und Pokerspiele sind verboten, für Lotterieprodukte besteht ein staatliches Monopol, für Sportwetten ist die Vergabe einer beschränkten Anzahl von Konzessionen vorgesehen, Automatenspiele unterliegen einer Genehmigungspflicht. Diese Differenzierungen scheinen im Hinblick auf die unterschiedlichen Glücksspielformen nicht kohärent zu sein.”
Fazit
Wann hat das juristische Chaos im deutschen Glücksspiel- und Sportwettenmarkt ein Ende? Bundesliga-Vereine schließen Millionen-Verträge mit Wettunternehmen ab, die quasi illegal sind. Pokerspielen ist als Glückssiel grundsätzlich verboten, es sollen aber trotzdem Steuern darauf bezahlt werden.
Überall stehen Spielautomaten, an denen sich die Leute arm spielen. Die Polizei veranstaltet gleichzeitig aufwändige Razzien bei kleinen Pokerrunden und will evident verfassungswidrige Internetsperren einführen.
Armes Deutschland.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 19.10.2015.