Der Ende 2014 erschienene Film “The Gambler” beginnt zäh. Mark Wahlberg sitzt quälend lange am Sterbebett seines Vaters. Dann Beerdigung und einsame Fahrt nach Hause. Auf dem Handy läuft ein Basketball-Spiel und wir wissen, dass der Wahlberg wahrscheinlich Unsummen darauf gewettet hat.
Nach dem Anfang, der stark an den Beginn von “Der Fremde” von Camus erinnert, geht es ins Casino. Auch hier wieder ein einsamer Protagonist, der alles tut, um sich in einen Zustand jenseits seiner Kontrolle zu begeben.
Konkret heißt der Zustand Black Jack und selten bekam man im Kino derart mitreißende Spielszenen zu sehen. Mark Wahlberg steht alleine am Tisch, das Gesicht der Dealerin völlig emotionslos, während er Unsummen gewinnt oder verliert. Das Zuschauen schmerzt – im positiven Sinn.
Wahlberg weiß als Uni-Dozent für Literatur, dass das, was er tut, falsch ist und tut es trotzdem. Aus diesem Zwiespalt entspringt die kranke Energie, die seinen Geist befeuert. Auch die Abhängigkeit und Unterwerfung, die aus seinen massiven Spielschulden resultiert, ist essentieller Bestandteil seiner doppelironischen, selbstzerstörerischen Lebensphilosophie.
Wer hier ein Gambler-Movie im Stil von “The Grand” oder “21” erwartet, wird definitiv enttäuscht. Der Film ist wie das Original von 1974 an “Der Spieler” von Dostojewski angelehnt und die kaputte Atmosphäre aus dem Buch durchtränkt den Film.
Dostojewski diktierte “Der Spieler” in nur 26 Tagen unter extremen Zeitdruck, geplagt von finanziellen Sorgen, Eheproblemen und Spielsucht. Wahrscheinlich ist es deswegen ein Meisterwerk. Wahlberg transportiert Roulettenburg von 1866 gekonnt in die Gegenwart.
Wahlberg, der gleichzeitig auch Produzent des Films ist, hat für die Rolle 28 Kilo abgespeckt und sieht so gar nicht mehr nach Calvin-Klein-Unterwäsche aus. Man nimmt ihm den Charakter des desillusionierten Spieler-Professors ab, auch die Nebencharaktere wie der von John Goodman gespielte Psychologie-Loan-Shark, sind glaubhaft.
Wer mit existentialistischen Stoffen etwas anfangen kann und möglicherweise gerade ‘broke’ ist, dem wird “The Gambler” gefallen. Ein Feel-Good-Movie ist es nicht.
An einigen Stellen wirkt der Film auch etwas zu “artsy” und sehr auf Hauptdarsteller-Oscar-Vehikel getrimmt. Alles in allem aber doch ein schöner, unaufgeregter Film über Spielsucht und das Leben selbst. Empfehlenswert.
The Gambler, 2014, Laufzeit 110 Minuten, FSK 12, Kinostart Deutschland 15.01.2015, Darsteller: Mark Wahlberg, Jim Bennett, Jessica Lange, Brie Larson, John Goodman, Regie: Rupert Wyatt
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 27.03.2015.