Die WSOP 2006 war aus verschiedensten Gründen sehr bemerkenswert. Zum einen war es mit über 8.000 Spielern das größte Main-Event aller Zeiten, bevor im selben Jahr der UIGEA dem Pokerboom ein Bein stellte.
Es war auch das letzte Jahr in dem Online-Poker-Seiten direkte Satellites zum Main-Event anbieten durften und jeder versuchte in diesem Jahr an Profit aus dem Pokerwahn zu schlagen.
In anderen Worten: Es war ein Höhepunkt für Poker, den – so meinen manche – wir nie wieder erleben werden.
Vom Jahr 2006 gibt es nach wie vor Geschichten, die vielen Leuten nicht bewusst sind. Glücklicherweise war es eines der ersten Jahre, in denen PokerListings bei der WSOP war und wir haben hier einige Leckerbissen zusammengestellt, die wir unseren Lesern nicht vorenthalten wollen.
Im Original erschien dieser Artikel von Arthur Crowson auf PokerListings.com » 17 unglaubliche Dinge, die bei der WSOP 2006 tatsächlich passiert sind, englisch. Hier der Artikel in etwas gekürzter und übersetzter Form:
1. Full Tilt bot beim Main-Event 10 Millionen Dollar Bonus-Prämie an
2006 waren noch die Unschuldsjahre vom Online-Poker und jede Seite versuchte, die eigene Marke aufzubauen und jeder wollte einen Weltmeister im Team haben.
PokerStars gelang der Hattrick, mit Chris Moneymaker, Greg Raymer und Joe Hachem die letzten drei Weltmeister im Boot zu haben.
Full Tilt hatte zwar schon eine Menge Champions, bot aber 10 Millionen Dollar zusätzlich für den Sieg eines Spielers, der sich über Full Tilt für das Main-Event qualifiziert hatte.
Das Geld wäre in Schritten von einer Million Dollar pro Jahr ausgezahlt worden. Hätte also ein Full-Tilt-Spieler das Main-Event gewonnen, hätte er auf dem Papier 22 Millionen Dollar gewonnen.
Glaubt man Mike Matusow, hätte dies auch für Full Tilt Spieler Allen Cunningham gegolten. Der schaffte es an den Final-Table und ihm wurden die besten Chancen zugestanden wurden, Jamie Gold zu stoppen.
Am Ende wurde Cunningham Vierter für 3,6 Millionen Dollar und wenig später Full Tilt Pro.
2. Es gab Kissenschlachten. Wirklich!
Bei der WSOP 2006 wollte jede Online-Seite so viele Spieler wie möglich gewinnen.
Wie haben sie das gemacht? Nun, es wurde so viel kostenloses Zeug verteilt, es war schon schwierig, nicht von einem Absolute-Poker-Baseball getroffen zu werden, wenn man durch das Rio schlenderte.
Die meisten Online-Seiten hatten besondere Lounges in den es kostenlose Drinks ab, wo man sich einen Account einrichten konnte und einige bezahlten sogar anteilig WSOP-Buy-Ins.
Die Krönung allerdings war Bodogs Kissenschlacht-Arena. De facto konnte jeder Spieler (oder auch Nicht-Spieler) ein Foto von sich machen lassen während überaus leicht bekleidete Models mit einem Kissen auf ihn einschlugen.
3. Mit Jamie Gold war alles noch komplizierter als man meint
Jamie Gold ist der größte Gewinner in der Geschichte des Main-Events. Gleichzeitig ist er aber auch der komplizierteste, kontroverseste und geradezu frustrierendste.
Das sind die oberflächlichen Fakten: Gold, ein Hollywood-Vertreter, setzte sich gegen 8.772 Spieler durch und spielte dabei so feindselig, dass einige ihm Angle-Shoots unterstellten. Er gewann 12 Millionen Dollar und das war’s dann auch schon.
Es stellte sich heraus, dass Gold im Vorfeld versprochen hatte, die Hälfte seiner Gewinne an Crispin Leyser abzugeben. Ein halbes Jahr später und nachdem Rechtsanwälte und Richter mit der Sache befasst waren, kamen die beiden zu einer außergerichtlichen Einigung. Es wurde Stillschweigen über den Betrag vereinbart.
Über Gold könnte man ein Buch schreiben. Hier noch ein paar Merkwürdigkeiten rund um Golds Lauf:
– Gold hatte ab der zweiten Hälfte des Turniers stets einen Bodyguard bei sich.
– Er ist gut mit Johnny Chan befreundet und Chan hatte ihn während des Final-Tables gerailed.
– Gold erklärte später, Daniel Negreanu wäre der einzige Spieler im Turnier gewesen, der ihm Probleme bereitet habe.
– Gold aß Blaubeeren während der Hand, die das Turnier beendete.
– Seine Bodog-Betreuer erklärten später, es war sehr schwierig mit Gold klarzukommen.
– Vor dem Final-Table scherzte Gold, es wäre vielleicht besser, nur Zweiter zu werden, um dem Ruhm zu entgehen.
– Jahre später erklärte Molly Bloom, Gold habe praktisch seine gesamte Bankroll bei ihren Hollywood-Homegames verloren.
4. Bandon Cantu bekam einen Vertrag für einen einzigen Sieg
Vor der WSOP 2006 konnte Brandon Cantu keinen einzigen Turnier-Cash vorweisen.
Dann gewann er 2006 ein $1.500-No-Limit-Hold’em-Turnier, strich 750.000 Dollar Siegprämie ein und hatte prompt einen Deal mit Absolute Poker in der Tasche.
So war das damals.
Cantu schwang sich zu einer erfolgreichen Poker-Karriere auf und erspielte über 4 Millionen Dollar Turniergewinne. Dabei war er abwechselnd das Aushängeschild von Full Tilt, PokerStars und Ultimate Bet. Es ist allerdings unwahrscheinlich, dass er heutzutage so einfach einen Deal bekommen hätte.
5. PokerStars bezahlte 730.000 Dollar für Devotionalien
Es gab wirklich eine Menge kostenloses Zeug. Wenn man Dan Goldman, damals Marketing-Berater für PokerStars, glauben darf, gab das Unternehmen über 730.000 Dollar allein für Spieler-Taschen aus. Darin fanden die Spieler dann Hockeytrikots, Baseballtrikots und eine Unmenge weiterer Klamotten – natürlich alles mit PokerStars-Logo versehen.
Branding galt als der Schlüssel zum Erfolg und jede Seite versuchte ihr Logo auf einfach alles zu bekommen, was bei der WSOP stand, saß oder lief.
6. Online-Poker-Qualifikanten machten 40 Prozent des Preispools aus
Es gab 2006 keine Beschränkungen wer sich wie für das Main-Event qualifizieren durfte und Online-Poker war nicht reguliert und stand jedem rund um die Welt zur Verfügung.
Wie viel Einfluss hatte das auf das Main-Event? Hier sind ein paar Zahlen – wieder vom Dan-Goldman-Blog:
Die WSOP 2006 gipfelte im größten Marketing-Überschuss aller Zeiten. Jede Seite hatte eine riesige Präsenz während des Main-Events. PokerStars hatte 1.624 Spieler im Rennen, aber wir waren keineswegs die einzigen. Zusammen waren PokerStars, PartyPoker, Ultimate Bet und Full Tilt Poker für 40 Prozent des Preispools verantwortlich – gut 32 Millionen Dollar.
7. Pamela Anderson kam im Brautkleid
Diese Geschichte ist so absurd, dass man sie heute kaum glauben kann. Aber es fand tatsächlich statt.
Während der WSOP 2006 tauchte auf einmal Pamela Anderson auf. Sie trug einen weißen, mit Diamanten übersäten Schleier und hielt einen Rosenstrauß in den Händen.
Ihre Aufgabe war es, PamelaPoker.com zu promoten. Das war ein Affiliate von DoylesRoom.com.
Warum trug sie diese Kleidung? Sie hatte sich grade wieder mit Kid Rock vermählt. Leider tauchte ihr Ehemann nicht bei der WSOP auf.
Ein Jahr später, nachdem der UIGEA Gesetz war, schloss Andersons Seite wieder.
8. Dimitri Nobles Suck-Out kostete George Danzer Jahre seiner Karriere
Gut, dieses Jahr hatte Danzer einen unglaublichen Lauf bei der WSOP mit drei Bracelets und dem Titel “Spieler des Jahres”. Aber auch schon 2006 war er drauf und dran einen bemerkenswerten Deep-Run beim Main-Event hinzulegen.
Danzer erklärte später, dass diese einzige Hand seine Karriere um mehrere Jahre verzögert habe.
9. Ja, Jamie Gold war wirklich so dominant!
Jamie Gold
Jeder Pokerspieler hat mal einen guten Lauf, aber was Jamie Gold 2006 hinlegte, war quasi von einem anderen Stern.
Seit Tag 4 war er so überragender Chipleader, dass es eine logistische Großangelegenheit war, seine Chips von einem Tisch an den nächsten zu bringen, wenn er umgesetzt wurde.
Es hat Gold sicherlich geholfen, dass er gerne geblufft hatte, aber einfach immer und immer wieder die Nuts traf. Außerdem hatte jeder Pro im Turnier Gold auf dem Kicker und wollte ihn eliminieren. Das führte zu einigen eher schlechten Spielzügen von Golds Gegnern.
Dies sind Jamie Golds Chipcounts über die einzelnen Tage des Main-Events 2006:
– Tag 1: 100.125 (Platz 17)
– Tag 2: 155.400 (Platz 95)
– Tag 3: 387.000 (Platz 33)
– Tag 4: 3.700.000 (Platz 1)
– Tag 5: 7.3330.000 (Platz 1)
– Tag 6: 13.000.000 (Platz 1)
– Tag 7: 26.650.000 (Platz 1)
– Tag 8: 90.200.000 (Sieger)
10. Es gab Bracelets nach dem Main-Event
Ja, man konnte WSOP Bracelets nach dem Main-Event gewinnen.
Ja, das war komisch.
Nein, das gab es danach nie wieder.
Aber hey, so konnte zumindest dieser Typ ein Bracelet gewinnen:
11. Das HORSE-Turnier hatte 2006 den besten Final-Table aller Zeiten
Das HORSE-Turnier der WSOP 2006 war ohnehin ein sehr besonderes Turnier. Mit einem Buy-In von 50.000 Dollar war es das teuerste WSOP-Turnier aller Zeiten (das One-Drop hat das inzwischen geändert) und der legendäre Chip Reese gewann am Ende.
Darüber hinaus haben viele Leute vergessen, wie prominent der Final-Table besetzt war. Es war ein Mix aus Old-School, New-School und Jim Bechtel. Es war wohl einer der, wenn nicht gar der beste Final-Table aller Zeiten – zumindest an Prominenz gemessen.
Diese das Line-Up:
– Chip Reese
– Phil Ivey
– Andy Bloch
– Doyle Brunson
– Patrik Antonius
– Dewey Tomko
– TJ Cloutier
– David Singer
– Jim Bechtel
12. Daniel Negreanu mit 48 Rebuys und keinem Cash
2009 wurden Rebuy-Turnier von der WSOP verbannt und einer der Schuldigen ist mit Sicherheit Daniel Negreanu, der ohne mit der Wimper zu Zucken mehrere Salven abfeuerte in der Hoffnung, bessere Chancen auf ein Bracelet zu haben.
2006 jedoch schoss Negreanu den Vogel ab als er in einem $1.000-Rebuy-Turnier 48 (achtundvierzig!) Entries tätigte.
Das bedeute er hatte 48.000 Dollar in ein 1.000-Dollar-Turnier investiert und hätte schon den Final-Table erreichen müssen, um zumindest bei plus-minus-null zu stehen.
Das wirklich absurde? Negreanu hat nicht einmal gecasht!
Tatsächlich gewann am Ende Phil Hellmuth dieses Turnier, über 630.000 Dollar und sein zehntes Barcelet.
Später erklärte Negreanu, dass er es gut fand, dass die WSOP Rebuy-Turniere abgeschafft hatte, denn diese hätten Spielern mit gut gefüllten Taschen einen inhärenten Vorteil gegeben.
Auf jeden Fall hat dies Negreanu wohl eine Menge Geld gespart.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 08.03.2015.