Die Belgierin Gaëlle Garcia Diaz ist Model, Moderatorin und Spielerin. Seit fünf Jahren ist sie im Poker-Business und während der EPT vor der Kamera tätig.
2010 zierte sie das Cover vom Playboy und seit 2011 moderiert sie beim flämischen Jugendsender JIM. Darüber hinaus arbeitet sie seit fünf Jahren für PokerStars Belgien und hat inzwischen selbst ein großes Faible für das Pokerspiel entwickelt.
Die ganz großen Erfolgen blieben zwar noch aus, aber sie hat zumindest große Poker-Träume.
Unser Kollege Fred Guillemot von PokerListings Frankreich fing die aparte Belgierin während der Battle of Malta zu einem langen Interview ab, in dem Diaz viel aus dem Nähkästchen plaudert und über ihre Ziele und Pläne spricht.
Das komplette Interview gibt es auf französisch oder englisch bei PokerListings. Hier die zentralen Auszüge in deutscher Übersetzung:
Was ziehst Du vor – Poker spielen oder präsentieren?
Spielen! Früher habe ich das Präsentieren vorgezogen, aber nur weil ich so schlecht gespielt habe.
Vor ein paar Jahren habe ich angefangen online zu spielen, habe Bücher und Foren gelesen und mit vielen großartigen Spielern gesprochen. Zum Beispiel mit Davidi Kitai, Matthias und Christophe De Meulder, Kevin MacPhee und Jeff Madsen. Alle sind inzwischen gute Freunde von mir.
Diese Jungs können die besten Ratschläge geben – Dinge, die man nicht in Büchern findet. Das ist die beste Methode, besser zu werden.
Poker ist so viel mehr als ein Spiel für mich. Es ist meine Leidenschaft. Ich präsentiere Poker, ich spiele Poker, ich schreibe über Poker, ich lese Poker. Ich gehe nicht einmal ins Bett, bevor ich meine vier bis fünf Stunden Grind jede Nacht abgeschlossen habe.
Gaëlle Garcia DiazWeil ich so viel online spiele, verstehe ich meine Fehler und meine Schwächen besser. Wenn ich drei Jahre zurückschaue, kann ich kaum glauben, wie schlecht ich war!
Das ist das tolle an Poker: So lange man denkt, man sei ein guter Spieler, ist man beschissen. Erst wenn man an sich und seinen Fähigkeiten zweifelt, kann man besser werden.
Bescheidenheit und Demut scheinen enorm wichtig beim Poker zu sein, aber so viele junge Spieler haben so viel Selbstvertrauen, dass es fast an Arroganz grenzt.
Es ist, als müssten sie sich etwas beweisen. Ich schäme mich überhaupt nicht zu sagen, dass ich schlecht bin. Ich spiele erst vier oder fünf Jahre und ich bin offensichtlich keiner der besten Spieler. Aber ich schlage mich ganz anständig.
Vorrangig will ich beim Spiel Spaß haben. Ich glaube viele Spieler haben die Idee vom Spaß vergessen, denn sie denken nur ans Geld. Na klar, wir alle spielen, um zu gewinnen. Aber man muss bescheiden bleiben.
Nehmen wir Daniel Negreanu zum Beispiel. Er ist einer der (wenn nicht gar der) besten Spieler der Welt. Letzten Sommer verbrachte ich ein paar Wochenenden mit ihm in Vegas und wir haben gar nicht über Poker gesprochen. Kein einziges Mal. Ja, er liebt Poker, aber er macht auch andere Dinge: Boxen, Klettern oder Reiten.
Und dann gibt es diese Spieler, die einmal einen Final-Table erreichen und das steigt ihnen zu Kopf.
Gaëlle Garcia DiazDie Leute kennen mich inzwischen. Nicht weil ich eine gute Spielerin bin, sondern weil ich seit fünf Jahren bei der EPT rumhänge und eine Menge Sendungen in ganz Europa gemacht habe. Aber das würde mir nie zu Kopf steigen.
Gibt es Parallelen zwischen Modeln und Poker? Bei Beidem spielst du irgendwie eine Rolle.
Ja. Bei Beidem bin ich nicht ganz ich selbst. Wenn ich vor der Kamera stehe, bin ich nicht Gaëlle Garcia Diaz, sondern das Mädchen, dass man von mir erwartet – das sexy Mädchen oder die Femme fatale. Aber so bin ich im normalen Leben gar nicht.
Das Problem ist, die Leute denken ich sei tumb oder eine überhebliche Schlampe, weil ich anzügliche Aufnahmen mache. Aber so bin ich gar nicht. Ein Photoshooting macht mir einfach Spaß. Für einen Tag kann ich aus mir selbst heraus.
Und dann gibt es Poker. Da weiß ich, dass ich nicht heiß sein muss, um gut abzuschneiden. Ich muss nicht zu viel Make-up auftragen, ich kann anziehen was ich will. Es kommt auf meinen Kopf und meine Strategie an.
Aber man spielt trotzdem eine Rolle. Gestern zum Beispiel spielte ich das dumme Mädchen, das keine Ahnung von Poker hat. Manchmal ziehe ich mich auch sexy an. Es ist zwar ein wenig traurig, aber es funktioniert, denn das ist die Schwäche von vielen Männern: sie wollen dich nicht busten.
Aber das funktioniert nicht bei Allen – insbesondere bei Pros. Und es hat definitiv besser funktioniert, als mich die Leute noch nicht kannten.
Gaëlle Garcia DiazMacht Dich diese Art von Aufmerksamkeit von Männern dann und wann nervös?
Beim Spielen komischerweise überhaupt nicht. Aber das Präsentieren einer EPT hat sich lange Zeit unbehaglich angefühlt. Du kommst mit einem hautengen Kleidchen in den Saal und tausend Spieler schauen dich an. Das ist eine Menge Testosteron.
Vielleicht ziehe ich mich deswegen sehr einfach an, wenn ich spiele. Im normalen Leben verzehre ich mich auch nicht nach Aufmerksamkeit. Die kann einen ziemlich schnell ermüden.
Wenn ich spiele, fragen sich die Leute meistens, ob das Liv Boeree oder Leo Margets ist. Das passierte besonders häufig als ich noch dunkle Haare hatte. Einmal hab ich sogar gesagt: “Ja, ich bin’s, Liv”.
Was treibt Dich an?
So fing das alles für mich an: Ich hatte einen Job bei PokerStars bekommen, weil ich auf einem Magazin-Cover war. Das waren zwei völlig verschiedene Dinge, aber jetzt, fünf Jahre später, arbeite ich für die größte Marke im Poker-Business. Das ist schon verrückt.
Gaëlle Garcia Diaz als ModelDamals haben die ein Mädchen für ein Photoshooting gesucht, um einen Workshop bei dem Belgian Open Championship mit Marcel Luske zu bewerben. Und sie kamen irgendwie auf mich, obwohl ich keine Ahnung von Poker hatte.
Nach dem Shooting haben sie mir angeboten, für das Turnier zu bleiben. Ich war noch nicht einmal 21 und konnte nur deswegen bleiben, weil das Turnier außerhalb eines Casinos gespielt wurde.
Ich hatte ein kleines Side-Event gespielt und belegte Platz 16 – absolutes Anfängerglück. Aber ich fand es fantastisch. Dann vergaß ich Poker für ein halbes Jahr, allerdings rief mich der Chef von PokerStars Belgien an und fragte, ob er mich coachen könne.
Ich habe inwzsichen eine Menge Bücher gelesen, aber was mir wirklich geholfen hat, war meine Arbeit bei den EPTs. Wenn man den besten Spielern zusieht und kommentieren muss, was sie machen, lernt man eine Menge, ohne das man es überhaupt merkt.
Mein Traum ist es, einmal eine EPT zu gewinnen. Aber dafür muss man tausende Hände spielen, eine Menge Bücher lesen, mit anderen Spielern reden und Hände analysieren. Man muss pro-aktiv sein. Niemand schenkt dir einfach so etwas.
Ich kenne ich das Gefühl des Scheiterns, aber eigentlich ist es nur wichtig, wie man wieder auf die Beine kommt. Insbesondere beim Poker, denn man wird immer mehr Misserfolge als Erfolge haben.
Was sind deine Karriere-Ziele?
Zunächst möchte ich einmal den Final-Table eines großen Turniers erreichen. Ich schaffe es immer häufiger in die Geldränge bei Live-Turnieren und ich möchte einfach besser werden.
Man braucht realistische Ziele. Ich sage nicht, dass ich nächstes Jahr die November-Nine schaffen will.
Komisch, dass Du gleich über Poker sprichst und nicht über das Modeln oder Fernsehen oder Kino.
Okay, ich habe eigentlich zwei Träume. Der eine ist: Ich will es in Hollywood als Schauspielerin schaffen, aber da träumt das kleine Mädchen in mir. Der andere ist: ich will in zehn Jahren vier EPTs gewonnen haben.
Wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich eine professionelle Pokerspielerin werden wollen.
Also ziehst Du ein Bracelet einem Oscar vor?
Ja, definitiv.
Aber ohne einen Traum kommt man da auch nicht hin. Wenn man nicht denkt, dass man es schaffen kann, schafft man es auch nicht.
Gaëlle Garcia Diaz mit den ganz großen TräumenDaniel Negreanu hat mir einmal erzählt, dass er, wann immer er einen Final-Table erreicht, schon am Anfang des Turniers wusste, dass er gut abschneiden würde. Genauso war es mit dem Traum, der beste Spieler der Welt zu werden. Es dauerte 15 Jahre, aber er hat es geschafft.
Wenn man sich in Turnier setzt und denkt “schauen wir mal”, kann man es auch gleich lassen. Ich bin vor einem Turnier immer völlig aufgekratzt. Wenn ich ausscheide, will ich, dass es wegen ein Bad Beats ist. So lange ich mein bestes Spiel abliefere, kann ich nichts dagegen tun und irgendwann wird es klappen. Es muss.
Vor meinem ersten Deep-Run online – drei Jahre nachdem ich mit Poker angefangen hatte – gab es Zeiten, da ich dachte, alles sei für die Katz. Wir alle haben das erlebt. Und ich wollte sogar aufhören, obwohl ich einen Sponsor hatte.
Mein Chef hat mich dann beiseite genommen, sein iPad gezückt und eine Würfel-App gestartet. Dann sagte er: “Wirf! Immer wenn du eine Fünf würfelst, kommst du in die Geldränge.”
Er zeigte mir, welche Auswirkungen Glück und Varianz haben und wie schwer es ist, live zu cashen. Ich musste die Würfel 30 Mal werfen, um eine Fünf zu werfen. So funktioniert Poker.
Vielleicht muss man Jahre spielen, um ein wirklich großes Ergebnis zu produzieren. Nur weil man es noch nie an den Final-Table geschafft hat, heißt das nicht, dass man ein schlechter Spieler ist. Das ist das schlimmste am Spiel. Und ich kenne eine Menge Spieler, denen es so geht.
Was ist denn der Unterschied zwischen diesen Spielern und Spielern wie Davidi Kitati oder Daniel Negreanu, die ständig famose Ergebnisse haben?
Diese Spieler sind die allerbesten und sie spielen häufig Turniere mit kleinen Feldern, etwa Highroller-Turniere mit 30 Teilnehmern. Davon sind auch noch 30 bis 40 Prozent Geschäftsleute.
Darüber hinaus weiß ich nicht, ob es Glück ist, oder es andere Dinge sind, die sie besser verstanden haben. Aber sie sind herausragende Spieler und je besser ihre Ergebnisse sind, desto mehr haben die Gegner Angst vor ihnen.
Daniel zum Beispiel ist unglaublich gut darin, Leute zu lesen. Das ist eine Art Gabe. Ich glaube auch, dass er bei jeder Hand alle möglichen Szenarien für den Verlauf im Kopf hat. Er ist uns einfach um Längen voraus.
Dan Colman ist auch großartig und es gibt online einige ungeheuerliche Spieler, die spielen eher wie Ingenieure oder Statistiker. Das ist zwar irgendwie traurig, aber es funktioniert. Einige Spieler schauen wohl nicht mal mehr ihre Karten an.
Gibt es eine Frage, die man Dir noch gestellt hat, die Du aber gerne beantworten möchtest?
Ich würde gerne gefragt werden, wo ich mich in zehn Jahren sehe – nicht beruflich, sondern persönlich.
Dann werde ich 37 sein. Kinder will ich eigentlich nicht haben, aber ich hoffe, dass ich bis dahin verheiratet bin und ein schönes Haus in einem anderen Land habe … und einen alten Porsche Targa S. Ja, vor allem den Porsche!
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 27.11.2014.