Auf den niedrigsten Online Poker Limits machen viele Spieler krasse Fehler. An 10 Beispielen zeigen wir diese Fehler auf und geben Strategie Tipps.
Trip-Report: Auf der Suche nach eklatanten Anfänger-Fehlern begab ich mich für 1.000 Hände an die NL2-Tische und fand eine Menge Beispielmaterial für typische und krasse Fehler bei der versammelten Gegnerschaft.
Ich bin sicherlich kein sonderlich guter Online-Cashgame-Spieler (mehr?). Die Zeiten, dass ich NL200 auf einer Backe abgesessen habe und genug verdient habe, sind seit Jahren vorbei (dafür nörgle ich jetzt lieber, dass Online-Poker schwerer geworden ist ). Aber Tische mit Blinds von 1 Cent / 2 Cent mache ich eigentlich immer noch nur auf, wenn ich kurz mein HUD oder neue Software-Features testen will.
Aber wenn man einen Artikel über typische Anfänger-Fehler schreiben will, kann es nicht schaden, wenn man sich diese Anfänger auch einmal genauer anschaut.
Also habe ich 4 Zoom-Tische NL2 (6-Max) aufgemacht und in einer guten Stunde 1.000 Hände gespielt. Erstes Ergebnis für den Trip-Report: Online-Poker ist, zumindest auf diesen Limits, noch genauso einfach wie vor sieben Jahren.
Die Spieler machen reihenweise – teils eklatante – Fehler und einige werfen einem das Geld einfach so hinterher. Etwas keck und hoffentlich ein wenig informativ, will ich im Folgenden 3 krasse Standard-Fehler beim Poker an 10 Händen aus meiner Session demonstrieren:
Standard-Fehler #1: Zu passives Spiel
Ein Fehler, den viele Anfänger und schwache Spieler immer wieder machen: Sie verpassen die richtigen Momente, um zu setzen und das einzige Spielziel scheint zu sein, eine möglichst gute Hand auf dem River zu haben.
Beispiel 1: Bluffen ist für Pussies!
Im ersten Beispiel geht es um das Spiel des Buttons:
BTN: $2.00
Hero (MP): $2.01
Pre Flop: ($0.03) Hero is MP with A K
1 fold, Hero raises to $0.07, 1 fold, BTN calls $0.07, 1 fold, BB calls $0.05
Flop: ($0.22) 2 9 J (3 players)
BB checks, Hero bets $0.13, BTN calls $0.13, BB folds
Turn: ($0.48) 3 (2 players)
Hero checks, BTN checks
River: ($0.48) Q (2 players)
Hero checks, BTN checks
Final Pot: $0.48
BTN mucks A 5
Hero shows A K (high card Ace)
Hero wins $0.46 (Rake: $0.02)
Der Button trifft auf dem Flop einen Flush-Draw mit einer Overvard, entscheidet sich aber, meine Bet nur zu callen. Ein Raise wäre zwar eine valide Option, aber der Call ist an sich noch nicht verwerflich.
Der Check auf dem Turn ist jedoch kriminell. Der Button hat jetzt einen Flush-Draw, einen Gutshot und eine Overcard, außerdem habe ich gecheckt und erwecke nicht den Eindruck, noch sonderlich viel Interesse an dem Pot zu haben. Der Button muss hier setzen. Allein auf seine Draws zu hoffen, ist fatal, denn in 7 von 10 Fällen kommt davon keiner auf dem River an.
Auf dem River scheint der Button dann einfach aufzugeben, ganz nach dem Motto: “Ach, mein Draw ist nicht angekommen, dann ist es eh egal!”. Hölle! Da liegt ein Viertel-Buy-In im Pot, da sollte man doch zumindest einen Versuch unternehmen, diesen zu bekommen!
Fehler: Die Checks auf Turn und River.
Besser: 30 bis 40 Cent auf dem Turn als Semi-Bluff setzen.
Beispiel 2: Ich will doch nur was treffen!
Genauso eklatant zeigt sich das passive Spiel in dieser Hand, auch wenn hier noch weniger passiert:
BB: $2.16
CO: $4.65
Pre Flop: ($0.03) Hero is SB with 5 5
2 folds, CO calls $0.02, BTN calls $0.02, Hero calls $0.01, BB checks
Flop: ($0.08) J 7 2 (4 players)
Hero checks, BB bets $0.04, CO calls $0.04, BTN folds, Hero folds
Turn: ($0.16) 4 (2 players)
BB checks, CO checks
River: ($0.16) 3 (2 players)
BB checks, CO checks
Final Pot: $0.16
BB shows Q 7 (a pair of Sevens)
CO mucks Q K
BB wins $0.15 (Rake: $0.01)
Nach dieser Hand sollte sich der Cut-Off in die Ecke stellen und schämen! Was soll denn das? Erst limpt er mit einer starken Hand, dann trifft er außer zwei Overcards nichts auf dem Flop und callt eine Bet. Nachdem er dann weiterhin nichts trifft, checkt er einfach. Was war denn der Plan in dieser Hand?
Das war der Plan: Der Cut-Off traute sich preflop nicht zu raisen, wollte aber auch nicht folden, weil seine Hand zu stark war. Auf dem Flop sah er, dass er zwei Karten über dem Buben und auch noch drei Karten zu einer Straße hatte und callte deswegen. Nachdem er dann zweimal nichts traf, gab er einfach auf.
Auch wenn der Spieler in dieser spezifischen Hand nicht viel verloren hat, ist diese Hand horrend gespielt und diese passive “Ich will doch nur was treffen”-Spielweise ist extrem verbreitet und so leicht auszunutzen.
Fehler: Limp vor dem Flop, Call auf dem Flop, Checks auf Turn und River.
Besser: Raise vor dem Flop oder Fold auf dem Flop oder Bluff auf dem Turn.
Standard-Fehler #2: Zu viel callen
“Calling Station” nennt man Spieler, die zu viel Callen und mit zu schwachen Händen zu weit gehen und als Anfänger sollte man sich davor hüten, einer solchen Spielweise anheim zu fallen und lernen, wie man solche Calling Stations ausspielt.
Beispiel 3: Top-Pair? Nuts. Nuts, sage ich!
Nachdem die ersten beiden Beispiel sich in eher kleineren Pötten abspielten, kommen jetzt die großen Pötte dran. Man beachte in dieser Hand das Spiel des Big Blinds.
BB: $2.61
Hero (UTG): $2.22
Pre Flop: ($0.03) Hero is UTG with 7 7
Hero raises to $0.07, MP calls $0.07, 1 fold, BTN calls $0.07, SB calls $0.06, BB calls $0.05
Flop: ($0.35) Q 7 4 (5 players)
SB checks, BB bets $0.10, Hero raises to $0.29, MP folds, BTN folds, SB folds, BB calls $0.19
Turn: ($0.93) 9 (2 players)
BB checks, Hero bets $0.51, BB calls $0.51
River: ($1.95) 2 (2 players)
BB checks, Hero bets $1.35 all in, BB calls $1.35
Final Pot: $4.65
BB shows K Q (a pair of Queens)
Hero shows 7 7 (three of a kind, Sevens)
Hero wins $4.49 (Rake: $0.16)
Der Big Blind callt erstmal einen Raise mit König-Dame und 4(!) Gegnern. Damit muss er schon bombastisch treffen, um sich wohl zu fühlen. Das scheint ihm dann auch zu gelingen, denn er flopt Top-Pair.
Mit seinem Top-Pair bringt der Big Blind dann eine Donk-Bet in Höhe von 29 Prozent des Pots. Das bringt einfach mal gar nichts, ist aber nicht sein größtes Problem. Denn direkt danach bringe ich als ursprünglicher Preflop-Raiser einen Raise. Was soll ich denn jetzt bitte haben, was er schlägt? Ich raise vor dem Flop und mit noch vier Spielern in der Hand raise ich eine Bet auf dem Flop. Da habe ich de facto niemals etwas schlechteres als ein Overpair.
Doch der Big Blind bleibt seinem Top-Pair treu und callt fleißig Turn und River bis zum All-In. Fatal! Bitte: Callt niemals einen Gegner einfach so runter, wenn er gleich dreimal in einer Hand auf einem so trockenen Board so viel Stärke zeigt. Top-Pair ist hier praktisch niemals gut!
Fehler: Donk-Bet auf dem Flop, Call auf dem Turn, Call auf dem River. Besser: Check auf dem Flop, Fold auf dem Turn und Fold auf dem River.
Beispiel 4: Erst mal mach ich dummes Zeug, dann calle ich!
In diesem Beispiel geht es um den Button und sein Flop-Spiel. Preflop ist noch alles gut, aber danach wird’s bekloppt:
BTN: $3.89
Hero (UTG): $2.14
Pre Flop: ($0.03) Hero is UTG with K K
Hero raises to $0.07, 1 fold, CO calls $0.07, BTN raises to $0.20, 2 folds, Hero raises to $0.35, 1 fold, BTN calls $0.15
Flop: ($0.80) 9 10 7 (2 players)
Hero bets $0.35, BTN raises to $0.70, Hero raises to $1.79 all in, BTN calls $1.09
Turn: ($4.38) 3 (2 players – 1 is all in)
River: ($4.38) J (2 players – 1 is all in)
Final Pot: $4.38
BTN shows A Q (high card Ace)
Hero shows K K (a pair of Kings)
Hero wins $4.23 (Rake: $0.15)
Gut, vielleicht war der Button wegen meiner Mini-4-Bet verwirrt und vielleicht hat er auf dem Flop gedacht, dass er mich mit einem Raise von Ass-König oder einer ähnlichen Hand wegbekommt, aber spätestens nachdem ich auf dem Flop all-in schiebe, sollte ihm klar sein, dass a) sein Ass-Dame hier hinten ist und b) er keine Odds auf einen Call bekommt.
Aber der Button macht den Fehler, zu glauben, dass er nach seinem Raise pot-committed ist. Doch selbst gegen ein sehr großzügig ausgelegtes Spektrum hat er bestenfalls 20% Gewinnwahrscheinlichkeit, braucht aber mindestens 25%. Sein Call ist auf lange Sicht einfach sehr teuer und sieht noch dazu reichlich dämlich aus.
Fehler: Raise auf dem Flop, Call des All-Ins.
Besser: Fold auf dem Flop (oder zur Not Call, falls man plant, den Turn nach einem Check zu bluffen) und definitiv Fold auf das All-In.
Beispiel 5: Den Gegner auf eine Hand setzen, die man schlägt, dann callen!
Eine Hand, in die ich nicht weiter involviert bin, in welcher der Cut-Off aber getreu dem Motto handelt: “Um beim Poker zu gewinnen, setzte man den Gegner auf eine Hand, die man schlägt und callt”.
BB: $2.22
CO: $1.96
Pre Flop: ($0.03) Hero is SB with 10 6
2 folds, CO raises to $0.06, 2 folds, BB raises to $0.18, CO calls $0.12
Flop: ($0.37) 3 10 5 (2 players)
BB bets $0.24, CO calls $0.24
Turn: ($0.85) 9 (2 players)
BB bets $0.56, CO calls $0.56
River: ($1.97) 3 (2 players)
BB bets $1.24 all in, CO calls $0.98 all in
Final Pot: $3.93
BB shows K K (two pair, Kings and Threes)
CO shows 7 7 (two pair, Sevens and Threes)
BB wins $3.79 (Rake: $0.14)
Was macht der Cut-Off hier? Callen – und das gleich vier Mal! Erst wird mit Siebenen geraist (gut!), dann ein Reraise gecallt (geht) und auf dem Flop kann man auch noch callen – das Board sieht ungefährlich genug aus.
Dann aber gehen mit dem Cut-Off die Pferde durch und man kann förmlich sehen, wie er seinen Gegner auf Ass-König setzt und mit zusammengebissenen Zähnen ohne Rücksicht auf Verluste auf den Call-Button einprügelt.
Auf dem River kommt auch noch der offensichtliche Flush-Draw an, aber der Cut-Off hat seine Entscheidung zum Durchcallen da schon längst gefällt. Katastrophal!
Ja, möglicherweise blufft der Big Blind hier dann und wann mal, aber – insbesondere auf diesen Limits – lange nicht oft genug, um einfach ein Buy-In mit einem Underpair zu versenken. Spätestens auf dem Turn hätte der Cut-Off hier folden sollen.
Fehler: Call auf Turn und River.
Besser: Fold auf Turn und River.
Beispiel 6: Der gefürchtete Bluff-Call
Aus dem Obskuritäten-Kabinett kommt in diesem Beispiel das Spiel des Small Blinds:
SB: $3.83
BB: $2.14
Pre Flop: ($0.03) Hero is UTG with 5 3
2 folds, CO raises to $0.05, 1 fold, SB calls $0.04, BB calls $0.03
Flop: ($0.15) 7 8 8 (3 players)
SB checks, BB checks, CO checks
Turn: ($0.15) 6 (3 players)
SB bets $0.14, BB calls $0.14, CO folds
River: ($0.43) 10 (2 players)
SB bets $0.40, BB raises to $0.90, SB calls $0.50
Final Pot: $2.23
SB mucks 4 7
BB shows 8 8 (four of a kind, Eights)
BB wins $2.15 (Rake: $0.08)
Gut, der Small Blind callt einen Raise mit Sieben-Vier ohne Position vor dem Flop. Fatal genug, aber es wird noch irrer. Auf dem Turn donnert er mit einem passablen Treffer in zwei Spieler eine Bet in Pot-Größe rein. Okay, das ist noch nicht das Ende der Welt, aber die Setzhöhe ist keineswegs optimal.
Auf dem River schiebt der Small-Blind eine weitere massive Bet hinterher. Er hat immer noch ein Paar, aber mit einer so großen Bet stellt er unter Garantie sicher, dass ihn nur bessere Hände callen. Wenn, dann ist seine Bet ein Bluff.
Nachdem der Big Blind nun aber seinen Bluff defacto min-raist, muss dem Small Blind klar sein, dass der hier links und rechts geschlagen ist. Jede Acht, jede Neun, jede Zehn schlägt ihn und er es gibt einfach keine einzige Hand im Spektrum des Big Blinds, die der Small-Blind schlägt. Keine!
Aber vernarrt in sein Paar und weil das Board ja keine hohen Karten zeigt, callt der Small Blind den Raise auf dem River. Ganz nach dem Motto: “Ich calle hier, weil ich ein absolut reines Gewissen habe”. Die 50 Cent dafür könnte der Small Blind eben so gut einfach wegwerfen – im Ergebnis käme es für ihn auf’s selbe hinaus.
Fehler: Zu große Bet auf Turn, Call auf dem River.
Besser: Kleinere Bet (10 Cent) auf dem Turn, Check/Fold (oder Bet/Fold als Bluff) auf dem River.
Standard-Fehler #3: Hände überbewerten
Einer der heftigsten und teuersten Fehler, den viele Spieler (und nicht nur Fische und Wale) machen, ist, dass sie ihre guten, aber nicht unschlagbaren Hände krass überbewerten. Klar, Top-Pair Top-Kicker, ein Overpair oder Trips sehen erst einmal ganz famos aus, aber es gibt Situationen in denen ein Gegner so offensichtlich ein Monster hat, dass eine eigentlich gut aussehende Hand auf einmal völlig wertlos ist. Wer dann nicht den Fold-Knopf findet, wird es nie schaffen, signifikante Limits zu schlagen.
Beispiel 7: Erst mal Slowplay, dann tu ich einfach so als hätte ich die Nuts!
Man schaue sich hier das Spiel von MP an:
BB: $1.72
MP: $2.55
Pre Flop: ($0.03) Hero is SB with Q 10
UTG calls $0.02, MP calls $0.02, 2 folds, Hero calls $0.01, BB checks
Flop: ($0.08) 4 A 5 (4 players)
Hero checks, BB bets $0.08, UTG folds, MP calls $0.08, Hero folds
Turn: ($0.24) A (2 players)
BB bets $0.16, MP calls $0.16
River: ($0.56) 7 (2 players)
BB bets $0.30, MP raises to $0.60, BB raises to $0.90, MP raises to $2.29 all in, BB calls $0.56 all in
Final Pot: $3.48
BB shows 5 A (a full house, Aces full of Fives)
MP shows Q A (three of a kind, Aces)
BB wins $3.36 (Rake: $0.12)
Okay, MP (Mittlere Position) spielt hier von vorne bis hinten Grütze. Preflop limpt er mit Ass-Dame (bitte: niemals machen!), mit Top-Pair callt er auf einem Draw-lastigen Flop nur (das ist nicht ganz so schlimm) und auf dem Turn trifft er Tips und callt wieder nur (das ist schon schlimmer).
Doch auf dem River wird das Spiel von MP wirklich bizarr. Schon die Raise-Größe ist unwirksam, doch sein Min-Raise eröffnet gleich neuen Raum für einen weiteren Fehler: Der Big Blind bringt darauf eine Mini-3-Bet und jetzt sollten bei MP sämtliche Alarm-Glocken laut schrillen. Der Big Blind hat nun ein viertes Mal in dieser Hand Stärke gezeigt und es ist fast hoffnungslos, Ass-Dame hier noch vorne zu sehen.
Doch MP (“Ich habe Drilling, ich bin der König der Welt!”) sieht nur seine Hand, verschwendet keine Sekunde an das Spektrum des Gegners und versenkt den letzten Teil seines Stacks in einem völlig unnötigen Rereraise. Die 28 Big Blinds für den Reraise sind schlicht verschenktes Geld. Bei Pot-Odds von 7:1 kann er den Raise vom Big Blind zwar noch callen, aber das All-In ist eine Katastrophe.
Fehler: Limp vor dem Flop, Call auf dem Turn, 4-Bet-All-In auf dem River.
Besser: Raise vor dem Flop, Raise auf dem Turn, Reraise auf dem River nur callen.
Beispiel 8: Die wichtigste Lektion – das Baluga-Theorem
Zuerst werfen wir in dieser Hand einen Blick auf das Spiel vom Small-Blind (welches zunächst nicht sonderlich falsch ist):
SB: $3.27
UTG: $3.93
Pre Flop: ($0.03) Hero is MP with 4 3
UTG raises to $0.04, 2 folds, BTN calls $0.04, SB raises to $0.16, 1 fold, UTG calls $0.12, 1 fold
Flop: ($0.38) K 9 8 (2 players)
SB bets $0.20, UTG calls $0.20
Turn: ($0.78) 4 (2 players)
SB bets $0.36, UTG raises to $0.72, SB raises to $2.91 all in, UTG calls $1.85 all in
River: ($3.92) J (2 players – 2 are all in)
Final Pot: $5.92
SB shows K A (a pair of Kings)
UTG shows 8 8 (three of a kind, Eights)
UTG wins $5.71 (Rake: $0.21)
Was passiert hier? Der Small Blind reraist mit Ass-König vor dem Flop (gut), lässt mit Top-Pair eine C-Bet auf dem Flop folgen (richtig) und feuert auf dem Turn weiter (auch richtig), doch dann macht sein Gegner etwas, das so bekannt ist, dass es seit acht Jahren einen eigenen Namen hat:
Das Baluga-Theorem
Wenn ein Gegner den Turn raist, nachdem er preflop einen Raise und auf dem Flop eine Bet gecallt hat, ist ein Paar fast niemals gut.
In rigider Variante: Ein Gegner, der den Turn minraist, nachdem er den Flop gecallt hat, hat mindestens einen Drilling.
Dieses Theorem (benannt nach dem Pokerspieler BalguaWhale ) hat – insbesondere gegen schwächere Gegner – bis heute bestand.
In obiger Beispielhand begeht der Small Blind mit dem All-In einen fatalen Fehler. Top-Pair ist fast niemals gut nach dem Min-Raise und das All-In wird de facto niemals von einer (ohnehin kaum im Spektrum von UTG enthaltenen) schlechteren Hand gecallt.
Ein Fold ist nach dem Raise die, wenn auch schwere, beste Option. Ja, es ist ein gereraister Pot, ja der Small Blind hat Top-Pair, Top-Kicker, ja, der Pot ist riesig. Aber all das wird durch den Raise von UTG in den Schatten gestellt. In dieser Situation muss man sich sofort von dem Gedanken “Ich habe Top-Top, ich will einen großen Pot gewinnen” losreißen und einsehen, dass seine eben noch bombastische Hand auf einmal fast wertlos ist. Wem das in so einer Situation nicht gelingt, wird nie eine Chance beim Texas-Hold’em haben.
Fehler: All-In auf dem Turn.
Besser: Fold auf dem Turn.
Zwei Katastrophen-Hände
Zum Abschluss zwei Hände, die ebenfalls groteskes Spiel demonstrieren, aber nicht ganz in die bisherigen Fehler-Kategorien passen.
Beispiel 9: Drei Paare? Das ist Nuts! Oder?
Man beobachte das Spiel von UTG:
UTG: $2.33
MP: $1.76
Pre Flop: ($0.03) Hero is SB with Q K
UTG calls $0.02, MP calls $0.02, 2 folds, Hero raises to $0.10, 1 fold, UTG calls $0.08, MP calls $0.08
Flop: ($0.32) 9 A 7 (3 players)
Hero bets $0.21, UTG calls $0.21, MP calls $0.21
Turn: ($0.95) 5 (3 players)
Hero checks, UTG bets $0.46, MP calls $0.46, Hero folds
River: ($1.87) A (2 players)
UTG bets $1.56 all in, MP calls $0.99 all in
Final Pot: $3.85
UTG shows 7 9 (two pair, Aces and Nines)
MP shows J Q (a flush, Ace high)
MP wins $3.72 (Rake: $0.13)
Zunächst ist meine Bet auf dem Flop (ohne Draw, ohne Paar, ohne alles) in zwei Gegner nicht unbedingt empfehlenswert – der Bluff funktioniert lange nicht oft genug, als dass er sich lohnt.
Aber danach überrascht UTG mit einer kreativen Auslegung der Pokerhand-Reihenfolge auf dem River.
Der Call auf Flop ist schon grenzwertig (ein Raise wäre besser), aber das All-In auf dem River ist ein kompletter mentaler Aussetzer. Das zweite Ass auf dem River zerstört UTGs Hand völlig (seine Zwei Paar sind jetzt wertlos, jedes Ass, jede bessere Neun und jeder Flush schlägt ihn) und völlig egal, was sein Gegner bis zum River hatte, jetzt hat er ihn überholt.
Trotzdem geht geht UTG für ein halbes Buy-In all-in – völlig desolat. Bitte: erkennt, wenn Eure Zwei-Paar-Hand vom Board zunichte gemacht wurde und agiert entsprechend.
Fehler: Call auf Flop, All-In auf dem River.
Besser: Raise auf dem Flop, check/fold auf dem River.
Beispiel 10: Was’n los hier?
Die letzte Hand demonstriert den Wahnsinn, der sich abspielt, wenn zwei Spieler ohne Plan eine passable Hand treffen und dann zwischen Mini-Bet und Mini-Raises vor lauter Angst, den Gegner zu verlieren, am Ende beide ihr Geld schlecht reinbekommen:
BB: $2.51
MP: $3.61
Pre Flop: ($0.03) Hero is BTN with A 9
UTG raises to $0.06, MP calls $0.06, CO calls $0.06, 2 folds, BB calls $0.04
Flop: ($0.25) 10 2 K (4 players)
BB bets $0.02, UTG folds, MP calls $0.02, CO raises to $0.04, BB calls $0.02, MP calls $0.02
Turn: ($0.37) 10 (3 players)
BB bets $0.08, MP raises to $0.16, CO folds, BB raises to $0.24, MP raises to $1.08, BB calls $0.84
River: ($2.53) J (2 players)
BB bets $0.34, MP raises to $2.43 all in, BB calls $0.99 all in
Final Pot: $5.19
BB mucks A 10
MP shows 10 J (a full house, Tens full of Jacks)
MP wins $5.01 (Rake: $0.18)
Was in dieser Hand passiert, ist so außerweltlich, dass es schwer fällt, den schwerwiegendsten Fehler auszumachen.
Auf dem Turn treffen beide Spieler Trips und fühlen sich damit so unschlagbar, dass sie Mini-Bet, Min-Raise und Min-Reraise bringen. Sie könnten genau so gut ihre Zehn umdrehen, denn es ist jedem denkenden Mitspieler klar, dass sie mindestens Trips haben. Man beachte: Die 3-Bet auf dem Turn ist immer noch kleiner als der Pot nach dem Flop war.
Bei beiden Spielern war der einzige Gedankengang: “Ich hab ein Monster, bloß nicht meine Gegner verscheuchen.” Fatal! Der Big Blind verpasst es auf einem sehr draw-lastigen Turn, sein Geld als massiver Favorit gegen das Spektrum des Big Blinds in die Mitte zu bekommen, nachdem dieser ihm schon mit dem Min-Raise signalisiert hat, dass er wahrscheinlich zu einem All-In bereit ist.
Die Mini-Bet vom Big Blind auf dem Flop ist übrigens etwas, das man mit beständiger Regelmäßigkeit bei schwachen Spielern sieht: Mit einer mittelmäßigen Hand (hier: ein mittleres Paar), wird eine klitzekleine Bet gespielt, in der Hoffnung, dass man nicht geraist wird. Wer sich so einfach lesbar macht, wartet nur darauf, ausgespielt zu werden.
Fehler Big Blind: Min-Bet auf dem Flop, Mini-Bet auf dem Turn, Mini-Reraise auf dem Turn, Mini-Bet auf dem River.
Besser: Check auf dem Flop, große Bet auf dem Turn, substantieller Reraise auf dem Turn, All-In auf dem River (oder check/fold, wenn der Gegner bekannt und sehr tight ist).
Fehler MP: Min-Raise auf dem Turn, Rereraise auf dem Turn.
Besser: Substantieller Raise auf dem Turn, keine 4-Bet auf dem Turn.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 30.01.2014.