Der Sieg von Dan Colman bei der Seminole Hard Rock Poker Open für 1,45 Millionen Dollar Preisgeld gleicht einem Wunder. Innerhalb kürzester Zeit hat der erst 23-jährige Amerikaner drei riesige Turniersiege plus insgesamt über 20 Millionen Dollar eingefahren. Alle fragen sich nun: Wie kommt ein solcher Atomlauf zustande?
Einfach Glück oder was?
Solche Serien gibt es immer wieder. Jeff Lisandro gewann bei der WSOP 2009 gleich drei Bracelets quasi hintereinander. Oder man erinnere sich an Erik Seidel, der Anfang 2011 drei große, internationale Highroller Events gewinnen konnte.
Ist es so, dass Spieler wie Michael Mizrachi, Dan Colman, Erik Seidel und Co. einfach gut spielen und dazu Glück haben? Schließlich ist das Niveau beispielsweise an einem mit Top-Spielern besetzen Finaltisch annähernd gleich, die Spieler machen in der Regel keine grundlegenden strategischen Fehler.
Mit anderen Worten: Es spielen tausende Spieler im internationalen Turnierzirkus und die, denen eine Zeit lang die Sonne scheint, fallen besonders auf. Einer muss die Turniere ja gewinnen und bei den vielen Turnieren gibt es diese Serien nun mal. Von den anderen hört man nichts, die Journaille konzentriert sich – wie in jedem Bereich – auf die Gewinner.
Psychologische Mechanismen im Poker
Aber reicht das als Erklärung aus? Oder gibt es andere Mechanismen, die zu solchen Serien führen? Klar ist, dass ein Spieler, der einen großen Sieg im Rücken hat, bei den folgenden Turnieren ganz anderes auftritt und es möglicherweise schon als eine Art Selbstverständlichkeit ansieht, dass er gewinnt.
Selbstvertrauen ist ein absolutes Gewinnelement beim Poker. Wer am Tisch Respekt – und den hat man mit einem kürzlich erzielten Millionensieg – genießt, kann den Tisch auch besser kontrollieren und wird das Geld in Richtung seines Stacks treiben können.
Auch wird er wahrscheinlich bessere Entscheidungen treffen, da sein Gehirn durch den Erfolg befeuert besser und frei von Selbstzweifeln arbeitet. Das löst dann eine Erfolgskaskade aus. Wie eine Lawine, die immer mehr Schnee mit sich reißt. Das Ganze hat viel mit Gruppendynamik, Selbstvertrauen und Gehirnchemie zu tun.
Erik SeidelJedes Turnier ein Freeroll
Dazu ist nach einem Turniersieg mit einer lebensverändernden Millionen-Summe der finanzielle Druck weg. Man spielt quasi nur noch Freerolls und ist eher bereit, die im Turnierpoker nötigen Risiken einzugehen. Frei nach Amir Vahedi: “In order to live, you must be willing to die.”
Trotzdem ist das Ganze im Endeffekt eine Mischung aus vielen Faktoren. Wie viele Coinflips muss man trotz noch so gutem Spiel gewinnen, um in einem Turnier mit tausend oder mehr Startern zu siegen? Bei wie vielen Situationen, in denen man Underdog ist, muss die richtige Karte auftauchen?
Fazit
Ein Lauf im Stile eines Marvin Rettenmaier, der zwei WPTs hintereinander gewinnen konnte oder eines Ole Schemions, der die Partouche Poker Tour und einen Monat später die Master Classics of Amsterdam für sich entscheiden konnte, wünscht sich jeder Pokerspieler. Der Weg dahin ist oft steinig und teuer. Fehler darf man eigentlich auch nicht machen und ohne Riesenglück geht’s auch nicht.
Herzlichen Glückwunsch an die Colmans, Esfandiaris, die vielen Phils, die Hobbyspieler in der Homerunde und alle anderen, die einen solchen Run erleben durften! Darum geht es beim Poker, deswegen sind so viele dem Spiel verfallen.
>> Hier die heftigsten Siegesserien von Pokerspielern im Turnierpoker, illustriert durch die entsprechenden Hendon-Mob-Einträge
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 05.09.2014.