Wodurch zeichnet sich ein Pokerturnier aus, bei dem gute Spieler besonders hohe Chancen haben und welche Turniere sind die besten für gute Spieler? In diesem Artikel wollen wir einige der größeren regelmäßigen Live- und Online-Turniere bezüglich ihres Skill-Faktors analysieren.
Der Skill-Faktor in Turnieren
Landläufig gelten Turniere als Skill-orientiert, wenn sie lange Blind-Zeiten und hohe Startdotationen haben und diese Betrachtung ist völlig korrekt.
Je länger man in einem Turnier einen großen Stack im Vergleich zu den Blinds hat, desto länger stehen einem viele Spieloptionen offen und desto länger hat man die Möglichkeiten, besser zu spielen als die Mitspieler.
Ein krasses Gegenbeispiel zu Turnieren mit hohem Skill-Faktor sind die Flip-Turniere auf Full Tilt. Dort ist man in jeder Hand Zwangs-All-In und hat gar keine Möglichkeit, überhaupt Einfluss auf das Spiel zu nehmen. Skill spielt hier gar keine Rolle.
Ähnlich verhält es sich bei Turbo-Online-Turnieren. Hier hat man zwar die Möglichkeit, das Spiel selbst zu gestalten, aber in der Regel hat man nach sehr wenigen Händen einen so kleinen Stack, dass man im Push-oder-Fold-Modus angelangt ist.
Anders sieht es bei großen Online-Turnieren und den großen Live-Turnieren aus. Hier hat man oftmals über Stunden, wenn nicht gar Tage, einen Stack jenseits der Push-Fold-Grenze und kann wesentlich mehr Einfluss auf das Spiel nehmen und Fehler anderer Spieler ausnutzen (oder eben selbst Fehler machen).
Den Skill-Faktor quantifizieren
Im folgenden wollen wir versuchen, den Skill-Faktor in Poker-Turnieren zu quantifizieren. Die Frage ist: Kann man einem Turnier eine Punktzahl zuordnen, an der man leicht und schnell ablesen kann, wie Skill-lastig dieses ist?
Für diese Punktzahl nehmen wir einfach die Anzahl der Hände, die ein (fiktiver) inaktiver Spieler im Turnier übersteht, bevor sein Stack von den Blinds und Antes aufgebraucht ist.
Diese Zahl gibt also an, für wie viele Hände der Startstack eines Spielers maximal reicht, wenn er keine Chips dazu gewinnt.
Wir haben diese Zahl für einige der gängigen Turniere ausgerechnet und stellen die Zahlen hier gegenüber:
Turnier | Chips | 1. Level | Blindzeiten | Punkte |
WSOP Main Event | 30.000 | 50 / 100 | 120 | 386 |
PokerStars SCOOP Main Event | 15.000 | 25 / 50 | 30 | 351 |
WSOP Big One | 3.000.000 | 3.000 / 6.000 | 60 | 350 |
EPT Main Event | 30.000 | 50 / 100 | 75 | 327 |
WPT Main Event | 50.000 | 75 / 150 | 75 | 317 |
CAPT Main Event | 50.000 | 50 / 100 | 60 | 267 |
Mini FTOPS Main Event | 10.000 | 10 / 20 | 12 | 224 |
PokerStars Sunday Million | 10.000 | 20 / 40 | 15 | 192 |
Full Tilt 250k Turnier | 6.000 | 10 / 20 | 12 | 191 |
Triple A Berlin Main Event | 50.000 | 50 / 100 | 30 | 177 |
WSOP $1k Turnier | 3.000 | 25 / 25 | 60 | 156 |
PokerStars Sunday Storm | 5.000 | 10 / 20 | 10 | 129 |
PokerStars Reg. Sit-And-Go | 1.500 | 10 / 20 | 10 | 81 |
EPT Turbo Side Event | 10.000 | 25 / 50 | 15 | 75 |
EPT Turbo Side Event | 5.000 | 25 / 50 | 15 | 60 |
Sunday Supersonic | 3.000 | 20 / 40 | 3 | 33 |
PokerStars Turbo Sit-And-Go | 500 | 10 / 20 | 2 | 22 |
Grün hinterlegt: Online-Turniere.
Punkte: Anzahl der Hände bis ein inaktiver Spieler ausgeblindet ist.
(Unter der Annahme, dass live 30 Hände pro Stunde und online 75 Hände pro Stunde gespielt werden.)
Es zeigt sich, dass die großen WSOP-Turniere in dieser Wertung führen. Beim Main-Event hat man im Schnitt 386 Hände, bevor der Stack von den Blinds und Antes vernichtet wird – das entspricht über 12 Stunden Spielzeit.
Allein eine hohe Startdotation macht aber noch kein gutes Turnier aus. Wichtig ist vor allem, wie vielen Big Blinds die Start-Chips initial entsprechen und wie stark die Blinds steigen. Ein Turnier, das mit 500 Big Blinds anfängt, bei dem aber alle halbe Stunde die Blinds verdoppelt werden, hat in der Regel einen deutlich niedrigeren Skill-Faktor als ein Turnier mit einem geringeren Start-Stack, aber langsamer steigenden Blinds.
Skill: Online vs. Live
Der obige Vergleich zeigt, dass die ganz großen Online-Turniere mit vielen Live-Turnieren mithalten können. Aber die Main-Events von EPT, WPT, WSOP und auch der CAPT haben auf dieser Skala allesamt einen höheren Skill-Faktor als Online-Turniere.
Dass einige Online-Turniere mit den großen Live-Turnieren mithalten können, liegt vor allem daran, dass online wesentlich mehr Hände gespielt werden als live. Während 30 Hände pro Stunde live schon eine gute Quote sind, kann man online mit 75 oder mehr Händen pro Stunde rechnen. Entsprechend haben die Online-Turniere trotz der niedrigen Level-Zeiten von 10 bis 15 Minuten einen vergleichsweise hohen Skill-Faktor.
Das Main-Event der SCOOP ragt hierbei heraus. Dies ist ein Zwei-Tages-Turnier mit für Online-Verhältnisse exorbitant langen Blindzeiten von 30 Minuten. Dazu steigen die Blinds äußerst moderat (nach dem Level 25 / 50 folgt das Level 30 / 60 und nicht etwa 50 / 100).
Aber natürlich sind einige Online-Turniere auch am untersten Ende der Skill-Skala zu finden. Insbesondere Turbo- und Super-Turbo-Turniere erlauben den Spielern eben nur einen minimalen Spielraum.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 25.04.2014.