Oft hört man im Poker “Ich habe diese Hand mies gespielt” oder “Diese Hand war bombastisch”. Gemeint sind dabei nicht nur die eigenen Karten, zu einer Poker-Hand zählen für erfahrene Mitspieler weitere Komponenten, die in der Summe mindestens genauso wichtig sind wie Ihre Karten.
Für den guten Pokerspieler ist die Hand vielmehr eine Spielsituation, die von vielen Faktoren bestimmt wird. Nur wenn Sie die jeweilige Spielsituation im Licht dieser Faktoren sehen, können Sie gute Plays machen und langfristig Geld verdienen.
Wir präsentieren heute die wichtigen Bestandteile einer Pokerhand. Viele Ratschläge sind dabei aus den Büchern Die Poker-Schule und Die Poker-Uni übernommen und richten sich hauptsächlich an Anfänger.
1. Die Position
Ihre Hand wird maßgeblich von Ihrer Position bestimmt. Je mehr Spieler nach Ihnen an der Reihe sind, desto weniger sind Ihre Karten wert, da Sie eine schlechtere Position haben. Das Problem ist, dass ich die Wettrunde nicht abschließen kann, wenn noch ein oder mehrere Spieler nach mir an der Reihe sind.
Man muss darauf achten, wo die aggressiven- und wo die passiven Spieler in Relation zu einem sitzen. Man will natürlich, dass die aggressiven Spieler rechts von einem sitzen, man also nach Ihnen an der Reihe ist. Umgekehrt ist es gut, sehr konservative Spieler links von einem sitzen zu haben. Es ist auch gut zu wissen, was die aggressiven Spieler gemacht haben, wenn man dran ist.
2. Anzahl der Spieler
Die Anzahl der Mitspieler ist ein wichtiger Faktor in jeder Pokerrunde. Je weniger Spieler am Tisch sitzen, desto mehr ist Ihre Hand wert, weil die Wahrscheinlichkeit, dass jemand ein besseres Blatt hat, bei weniger Spielern geringer ist. Je mehr Spieler am Tisch sitzen, desto weniger Hände sollten Sie spielen. Gerade am Ende eines Turniers, wenn nur noch 3 oder 4 Spieler übrig sind, muss man mehr Hände als gewöhnlich spielen.
3. Was ist bisher passiert?
Der Wert ihrer Karten hängt entscheidend davon ab, wie das Wettverhalten der anderen Spieler war, die vor Ihnen an der Reihe waren. Gerade Pre-Flop spielt dieser Faktor eine große Rolle. Wenn ich im Texas Hold’em in Late-Position AJ auf der Hand habe und vor mir alle Spieler aufgegeben haben, so ist AJ eine spielbare Hand. Habe ich aber vor mir eine Erhöhung und eine nochmalige Erhöhung plus zwei Calls, sinken meine Karten beträchtlich im Wert, weil höchstwahrscheinlich bessere Starthände unterwegs sind.
4. Odds und Pot-Odds
Wie hoch ist die Chance, dass bestimmte Karten, die ich benötige, um zu gewinnen, noch kommen? Wie viel Geld ist im Pot und wie viel muss ich einsetzen, um an das Geld zu kommen? Das sind im Poker meist die entscheidenden Fragen.
Vereinfacht gesagt gilt: Die Chance, meine Hand noch zu machen und am Ende zu gewinnen, also die Odds, sollten auf jeden Fall höher als die Pot-Odds sein. Gute Pot-Odds sind immer dann gegeben, wenn ich wenig zahlen muss, um einen relativ großen Pot gewinnen zu können. Schlechte Pot-Odds sind gegeben, wenn ich viel zahlen muss, um einen relativ kleinen Pot gewinnen zu können.
Hier die Mathematik des Pokerns zu vertiefen, würde den Rahmen des Artikels sprengen. Mit der Zeit werden Sie aber ohne viel Rechnerei die Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Standardsituationen beherrschen, z. B. dass ein Flush-Draw auf dem Flop mit 35 prozentiger Wahrscheinlichkeit bis zum River ankommt.
5. Wer sind meine Gegner?
Eine ganz entscheidende Frage. Ich muss wissen, ob die anderen eher loose oder tight sind, ob sie passiv oder aggressiv sind. Ich muss den Tisch als ganzes einschätzen können, auch wenn ich die einzelnen Spieler nicht kenne.
Hier gibt es Indikatoren: Wenn immer sehr viele Spieler in den Händen dabei sind, handelt es sich um einen Tisch der loose ist. Wenn oft fast alle Spieler aufgeben und man selten einen Flop oder einen Showdown sieht, dann hat man es mit einem Tisch zu tun, der sehr tight ist.
Generell kann man sagen, dass man immer einen gegensätzlichen Spielstil wählen sollte als der Tisch. Wenn der Tisch sehr tight ist, so sollte man selber eher loose spielen und so den einen oder anderen Pot „stehlen“. Wenn der Tisch sehr loose ist, sollte man selber eher gute Hände spielen. Man wird dann im Showdown meistens gewinnen.
Passiven Spielern begegnet man am ehesten mit moderater Aggression. Man kann Sie ‘herumschubsen’ und sie leicht durch ständiges Setzen in die Defensive drängen. Bei vielen aggressiven Spielern am Tisch sollte man eher vorsichtig sein, da Erhöhungen und Wetten oft nochmals Erhöhungen nach sich ziehen.
6. Wie viele Chips habe ich?
Vor allem im Turnier spielt die Anzahl der eigenen Chips und die der Gegner eine wichtige Rolle. Hab ich zum Beispiel mehr Chips als ein anderer Spieler, bedeutet das, dass ich theoretisch die Macht habe, ihn in einer Hand zu eliminieren bzw. ihm im Cashgame den ganzen Stack abzunehmen. Gegner mit großem Stack sind potentiell gefährlich und ich sollte mir gut überlegen, ob ich mich mit ihnen anlege.
Habe ich einen kleinen Stack, beschränkt das meine Möglichkeiten erheblich. Ich kann den Anderen nicht mehr so viel Angst einjagen und werde in vielen Situationen schon aus mathematischer Sicht meinen ganzen Stack riskieren müssen.
7. Die Karten
Natürlich spielen die Karten, die Karten in Ihrer Hand, die der Gegner und im Hold’em die Gemeinschaftskarten, eine tragende Rolle. Diese Komponente wird hier aber bewusst zuletzt behandelt, um Ihnen klar zu machen, dass ihr Wert relativ ist.
Andere Faktoren sind manchmal wichtiger als Ihre Karten. Wenn z. B. der Button in der ersten Wettrunde erhöht, nachdem alle anderen aufgegeben haben und so die Blinds zum Aufgeben bringt, so waren seine Karten mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht das ausschlaggebende Moment. Sein Play hat eher funktioniert, weil er eine gute Position hatte und das Wettverhalten der anderen Spieler nach einer Erhöhung geradezu „geschrien“ hat.
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Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 11.04.2016.