Daniel Negreanu hat die Vision, dass Poker irgendwann in erster Linie wegen der Unterhaltung gespielt wird und es erst in zweiter Linie darum geht zu gewinnen.
Stimmt ihr dem zu?
Einige werden zustimmen, einige werden nicht und Meinungen sind eine großartige Sache. Hier ist also meine:
Es ist die Aufgabe zu gewinnen
Vor einer Woche sah ich, wie Liverpool in der Premier League Arsenal 5:1 vermöbelte. Ich habe zwar mit keinem Club sonderlich viel am Hut, war aber dennoch gut unterhalten.
Wenn es deine Meinung ist, dass Fußballer die Fans unterhalten sollen, haben die Spieler beider Teams gute Arbeit abgeliefert. Aber dieser Meinung werden die Fans von Arsenal, deren Manager und Mitarbeiter mit Sicherheit nicht zustimmen.
Egal von welcher Seite man es betrachtet, sie hätten es wesentlich besser gefunden, hätte ihr Team elendig gespielt aber mit einem Tor Unterschied gewonnen.
Die Aufgabe eine Fußballersist zu gewinnen.
Die Spieler von Arsenal und Liverpool werden bezahlt, um Spiele zu gewinnen und nicht, um die Fans zu unterhalten. Wenn sie die Fans dabei unterhalten, ist das schön und gut. Aber sie müssen in erster Linie gewinnen.
Daniel Negreanu ist der Welt-Botschafter von Poker. Vielleicht sieht man seine Krone nicht, aber glaubt mir, sie ist da.
Vor kurzem startete er auf 2+2 einen Thread mit dem Titel Meine Vision von der Poker-Welt, englisch. Dort erklärt er, er wolle genau das: “eine Welt in der das Spiel zunächst Spaß und erst danach Wettkampf ist”.
Poker erfüllt zwei Aufgaben: Für den Amateur ist es ein Unterhaltungsspiel und für den Profi ist es eine Einkommensquelle.
Klar, der Profi hat nichts gegen Unterhaltung und der Amateur will auch gewinnen, aber das sind nicht die die übergeordneten Ziele.
Daniels Vision wird einfach immer hinter dem Berg bleiben, denn die Natur des Menschen wird es auf ewig verhindern, dass Poker vorrangig ein Unterhaltungsspiel wird.
Jede Zelle eines professionellen Spielers schreit doch: “Profit!” – auch Negreanus, ob er es nun weiß, oder nicht.
Wir sind hier nicht im Spaß-Business
Daniel NegreanuWarum will Negreanu denn mehr Spaß im Poker? Am Ende will doch auch er nur mehr Gewinn machen.
Man kann es nennen wie man will, aber Poker unterhaltsamer zu machen, um so mehr Gewinn von eingelullten Amateuren abzuzweigen ist doch das gleiche wie eine Frau mit Charme zu betören, nur um sie in die Kiste zu bekommen.
Das ist doch alles Täuschung. Poker hat keinen anderen Zweck, als die Taschen derer zu füllen, die von den Schwächsten im Spiel profitieren.
In der wirklichen Welt werden Kümmerer aussortiert und sehen sich einem Bolzenschussgerät gegenüber. Beim Poker werden ihnen vorher eben noch die Taschen geleert.
Welches übergeordnete Wohl kann Poker der Welt denn bieten? Es fällt mir wirklich schwer, etwas Wertvolles zu finden, das wir der Welt geben können – abgesehen davon, dass die Besten in diesem Spiel sich die Taschen füllen können.
Wir sind nicht im Spaß-Business, wir sind im Gewinn-Business.
Wenn Poker Spaß wäre, müssten wir nicht acht Stunden eines Final-Tables auf eine Stunde zusammenschneiden. Poker ist kein unterhaltsamer Sport und deswegen hatte Poker es auch immer schwer, massentauglich zu werden.
Der Amateur geht, wenn er kein Geld mehr hat
Amateur-Spieler hauen nicht einfach ab, weil das Spiel keinen Spaß mehr macht. Die Arsenal-Fans hauen ja auch nicht ab, nur weil ihr Team Dresche bekommen hat.
Die Amateure gehen dann, wenn sie kein Geld mehr haben.
Es gibt Spieler mit Geld, es gibt eine Menge Spieler, die mit dem Geld von anderen Leuten spielen und es gibt einen großen Spieler-Friedhof. Das sind die Spieler die gerne spielen würden, aber nicht können, weil ihr Geld in den Sparschweinen von Daniel Negreanu und den anderen Profis steckt.
Sollen die besseren Spieler jetzt Geld zurückgeben und Märtyrer für Poker werden? Natürlich nicht!
Es gibt Poker, weil es Wettkampf gibt. Das Ziel eines Pokerspielers ist es, seinen Gegner mit einem geleerten Portemonnaie nach Hause zu schicken, wo er seiner Familie erklären muss, dass der Weihnachtsmann streikt und der Osterhase auch keine Zeit mehr für sie hat.
Es ist die Aufgabe des Profis, den Amateur zum Weinen zu bringen, nicht zum Lachen. Je eher wir das einsehen, desto schneller können wir die Debatte in eine Richtung lenken, die wirklich hilft. Noch sind wir doch auf der völlig falschen Spur.
Lee Davy ist ein Pokerspieler und Journalist, der seit geraumer Zeit für PokerListings.com polarisierende Kommentare zu aktuellen Themen verfasst. Dieser Artikel ist auf englisch hier zu finden.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 17.02.2014.