Die Poker-Bots werden immer besser. Jüngst warb der Bot Pokersnowie damit, gegen menschliche Spieler eine Winrate jenseits der 13 Big Blind / 100 zu haben. Was können die Bots und stellt das ein Problem für Online-Poker dar?
Erstaunliche Ergebnisse der Poker-Bots
Der University-of-Alberta-Bot Polaris erzielte schon 2008 überdurchschnittlich gute Ergebnisse gegen hochkarätige menschliche Gegner (Kyle Hendon und Nick Grudzien). Fünf Jahr später, 2013, hieß der Bot der Universität Hyperborean und landete bei der alljährlichen Computer Poker Competition wie jedes Jahr in fast allen Kategorien unter den Top-3.
Ebenfalls mit phänomenalen Ergebnissen aufwarten kann der NeoPokerBot. Jeder kann sich von den Fähigkeiten der AI selbst ein Bild machen und gegen den Bot online Poker spielen.
Und dann ist da noch Pokersnowie – für diesen Bot wurde eine Challenge ausgerufen und Jeder darf sich daran versuchen, ihn zu schlagen. Nachdem sich die ersten knapp 3.000 Gegner an dem Bot versucht haben und 1,8 Millionen Hände gespielt haben, gibt es erste Ergebnisse:
Variante | Hände | Winrate Pokersnowie |
Heads-Up NLH | 670.000 | +27 Big Blinds / 100 |
6-Max NLH | 801.000 | +13 Big Blinds / 100 |
Full Ring NLH | 300.000 | +20 Big Blinds / 100 |
Natürlich sind diese Ergebnisse nur bedingt aussagekräftig – wer spielt schon sein bestes Poker, wenn er weiß, dass er gegen einen Bot antritt und es um nichts geht. Die hohen Winrates des Bots erklären sich vor allem dadurch, dass er gegen nur mäßig ambitionierte Spieler antritt und nicht gegen Profis, die sich genügend Mühe machen, das Spiel des Bots zu analysieren und zu ihrem Vorteil zu nutzen.
Dennoch zeigen diese drei und viele andere Bots, dass die künstliche Poker-Intelligenz zunehmend besser wird und zumindest in bestimmten Varianten dem menschlichen Spieler mehr und mehr das Wasser abgraben wird.
Durchschnittliche Winrate von Pokersnowie
Was können die Bots?
Besonders gut sind alle Bots im Spiel gegen nur einen Gegner. Insbesondere im Fixed-Limit-Hold’em haben diese Bots die Weltspitze bereits erreicht. Das Vertrauen in die Fähigkeiten dieser Bots geht inzwischen soweit, dass sie in Kasinos als Alternative zu Daddel-Automaten angeboten werden.
Auch im Heads-Up-No-Limit-Hold’em sind die derzeitigen Spitzen-Bots eine Klasse für sich. Die Entscheidungstiefe ist bei No-Limit-Varianten zwar wesentlich höher als bei Limit-Spielen, weswegen diese Bots noch nicht ganz an das Kaliber von professionellen Spielern heranreichen. Aber es ist nur eine Frage der Zeit und bis zu einem gewissen Grad eine Frage der Rechenleistung, bis diese Bots auch die Weltspitze erreichen.
Traditionell schwer tun sich alle Bots weiterhin mit dem Spiel gegen mehr als einen oder zwei Gegner. Die Zahl der hier zu berücksichtigenden Variablen ist schlicht noch eine Hausnummer zu groß, Poker noch ein gutes Stück zu komplex. Aber die Ergebnisse von Pokersnowie zeigen, dass sich diese Lücke langsam zu schließen scheint und die Bots auch beim Spiel gegen mehrere Gegner langsam aber sicher besser werden.
Sind Bots ein Problem für Online-Poker?
Natürlich wirft die Weiterentwicklung der Bots die Frage auf, wie sehr die Existenz von Computer-Gegnern mit hervorragenden Spielfähigkeiten Einfluss auf das Online-Poker-Business nimmt.
Ich wage an dieser Stelle einmal zu orakeln, dass Online-Poker in einer womöglich nicht ganz so fernen Zukunft unausweichlich an diesen Bots scheitern wird – zumindest in seiner jetzigen Form.
Schon jetzt stellen die Bots ein Problem dar, wenn auch noch auf einem vergleichsweise niedrigen Level. Bots und Bot-Netzwerke sind lästig, sie tauschen sich untereinander aus, haben so zusätzliche Informationen und auf vielen Netzwerken fliegen regelmäßig kleine Bot-Armadas auf und werden gesperrt. Aber die Anzahl der aktiven Bots, die übrigens praktisch alle gegen die T&C der Anbieter verstoßen, ist bei fast allen Anbietern noch sehr gering.
Noch haben die meisten Otto-Normal-Spieler wenig Kontakt zu Bots und es gibt vergleichsweise wenig Gründe, wegen der Existenz von einzelnen Bots oder Bot-Netzwerken gänzlich auf das Spiel zu verzichten.
Aber irgendwann wird es zwangsläufig vermehrt Schlagzeilen dieser oder ähnlicher Natur geben: “Poker-Bot bezwingt Phil Ivey”, “Poker-Computer spielt besser als alle seine menschlichen Gegner” oder “Bot-Netzwerk mit über 1.000 Spieler bei XYZ aufgeflogen.”
Spätestens dann dürften die meisten ambitionierten Amateure, also genau die Spieler, von denen Online-Poker seit jeher lebt, allerdings die Sorge beschleichen, dass sie online ohnehin keine Chance haben, wenn es dort zu viele Bots gibt und diese ihnen spieltechnisch auch noch um Längen überlegen sind.
Bis zu einem gewissen Grad kann Online-Poker dann dem gleichen Problem wie Online-Schach oder Online-Backgammon anheimfallen. Beides sind Spiele, die von Computern besser gespielt werden als von Menschen und Beides wird im Internet praktisch gar nicht um Geld gespielt. Wer investiert schon freiwillig Geld in eine Partie, wenn es gut sein kann, dass er nicht gegen einen Menschen (also eine Gegner auf Augenhöhe), sondern gegen einen Computer spielt.
Wie schnell es dazu kommt, dass Online-Poker an den Bot-Problemen scheitert, hängt zum einen davon ab, wie schnell die Bots auch in den populären Varianten Spitzenniveau erreichen und zum anderen davon, wie effektiv die Anbieter gegen Bots vorgehen.
Es ist evident, dass sich der Einsatz von Bots nicht komplett verhindern lässt, wohl aber können die Anbieter transparent und offensiv mit dem Problem umgehen, ihre Bemühungen im Kampf gegen Bots verstärken und gegebenenfalls über drastische Strafmaßnahmen eine hohe Hemmschwelle schaffen.
Derartige Maßnahmen der Anbieter sind übrigens schon jetzt angebracht und nicht erst, wenn es zu spät ist.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 24.01.2014.