Die Koffer sind gepackt. Sowohl der Wintermantel für die eher eskimofreundlichen Klimaanlagen in den Casinos, als auch die hochofentaugliche Sommerkollektion Marke Wüstenhitze ist verstaut, der MP4 Player entsprechend gefüllt, die Reiseliteratur sorgfältig ausgewählt. Den Freunden und der Familie nun gleich Lebewohl gesagt für die nächsten acht Tage. Morgens um 4 Uhr und ganze 3 Stunden vor dem Ablauf in die USA muss man sich aus Sicherheitsgründen bereits auf dem Flughafen einfinden, via Frankfurt geht es direkt.
Das Basketballbundesliga-Finale hierzulande geht in die ganz heiße Phase – und ich fliege los in die us-amerikanische Wüste – nein das Eldorado der Illusion und der Realität vom Schicksal schlechthin: von Bad Beat Berlin in die Metropole des Glücks, der Abenteuerspielplatz für Erwachsene – Las Vegas. Dazu, und das soll nun auch nicht ganz unerwähnt bleiben, in ein Land, das uns selbst seinerzeit befreit, heutzutage Guantanamo betreibt und ein Überwachungssystem hat geschaffen, dagegen ist 1984 geradezu die Beschreibung eines Ponyhofes.
Was ich erwarte? Einige neue Facetten mehr dieser ach so bunten Welt. Wärme, Wüste, Weite, Wahn, wahre Wagnisse. Wissbegierig mache ich mich auf, Eindrücke und Kontakte zu sammeln, gerade diese Welt des Pokerspiels und seine Protagonisten noch tiefer zu ergründen.
Zum Glück: passieren kann mir in Las Vegas nun fast nichts. Fliegt man nämlich mit Condor, so bekommt man bereits bei der Buchung alsgleich ein Rundumsorglos-Versicherungspaket untergeschoben, das es wirklich in sich hat. Nicht nur Reisekranken- und Reiserücktrittsversicherung, Umbuchung, Abbruch, Notruf, Gepäck, Unfall, Haftpflicht – nein auch eine Golf-Spezíal-Versicherung ist bereits in meinem Paket inbegriffen. Es kann also wirklich passieren null. Fällt der Golfkurs aus versichertem Grunde aus, bekomme ich genauso eine Entschädigung, als wenn ein Schläger beim bestimmungsgemäßem Gebrauch geht zu Bruch. Darüber hinaus, und das scheint mir beinahe das Wichtigste oder aber Kurioseste überhaupt, habe ich nun eine “Hole in one- Versicherung”, d.h. gelingt mir tatsächlich ein “Ass”, der Golfball verschwindet beim Abschlag bereits im Loch, und ich habe anschließend Maleste, aufgrund einer Siegesfeier, die ich nun ausrichten muss, so ersetzt mir meine Versicherung die Kosten für die Bewirtung (leider nur bis zu einer Höhe von 500€). Fast könnte es mich trotz meiner MS-bedingten Schwerbehinderung noch locken, mich im Golfsport zu versuchen?!
Warum aber nur gibt es ausgerechnet eine Golf-Versicherung auf einem Flug nach Las Vegas und warum nicht eine Pokerversicherung? Wahrscheinlich, weil die 500€ für eine angemessen organisierte Siegesfeier für ein Bracelet eh niemals ausgereichen (Man lässt sich ja nicht lumpen).
Ehrlich gesagt: je mehr ich darüber nachdenke: der ganze Versicherungskrams ist doof. Das Leben ist nun mal riskant, und gerade wir Pokerspieler wissen damit umzugehen. Tagtäglich trainieren wir den Umgang mit Schicksalsschlägen, und mir scheint gar langfristig ist manch ein Sieg ein viel heftigerer Beat als ein glanzlos getroffener 2-Outer des Mitspielers auf dem River, der die eigene Serie frühzeitig beendet.
Nun denn: ich hoffe, ich werde viel davon erleben. Spieler, Haltungen, Bad Beats und noch viel mehr große Erfolge. Unsere Landsleute haben bereits jetzt ganz Erstaunliches geleistet, gerade das deutsche Pokerspiel hat sicher an Respekt und Ansehen enorm gewonnen und dies gerade nicht im Sinne eines “bringt mehr davon an den Tisch”. Ich habe mir noch schnell die Route zum Grab von Stu ausgedruckt, mich über diverse Ausflugsmöglichkeiten Richtung Grand Canyon informiert und langweilig wird es wohl eh kaum werden.
Euer Stefan
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 24.06.2007.
Autor: PokerOlymp.com.