Die WSOP, wie alle großen Turniere zeichnen sich dadurch aus, dass letztendlich einer alles gewinnt, und alle anderen ihre letzte Hand verlieren. Gerade so, als könnte gerade mal ein einziger dem Tode entrinnen, während nach und nach der Rest wird dahingerafft. Sicher gibt es einige, die geben sich auch mit einer Erwähnung im HendonMob, einem Platz am Final Table oder eben ITM zufrieden. Für andere jedoch zählt hier NUR das Bracelet, der Sieg. Betreiben manche das Pokerspiel ähnlich Buchhalter, Bakchen, die die Ordnung und Rationalität lieben, akribisch die Chancen auflisten und nach Gewinn und Verlust bilanzieren, so gibt es andere, die das Pokern LEBEN. Ich bin überzeugt davon, nein ich weiß, dass wir einige davon hier beobachten dürfen und dies gespannt, voller Neugierde, zuweilen auch gerade mit Neid und Missgunst für deren Mut bzw. ihre Verwegenheit wird getan. Durchaus auch voller Respekt glaube ich, gilt es solch eine dionysische Leidenschaft nicht zu verurteilen, sondern vielmehr darüber zu staunen und es vielleicht als das eigentliche Phänomen und Prinzip zu betrachten um das es hier immer wieder auch geht. (Allen Warnungen zum Trotz!).
Vor knapp 10 Jahren hat einer von jenen “Trendsettern” diese Welt verlassen, ohne den die WSOP auch in diesem Jahr eine andere wäre? In einer Zeit, in der sich bereits die ganze Welt, und nicht mehr nur einige Vorreiter im Poker- und Spielrausch sich befinden, gilt es mir gerade jetzt daran zu erinnern, dass man IHN dieses Jahr in Las Vegas vielleicht vermisst, ständig auf der Suche nach seinen Nachfolgern, obwohl er am 8. September nun gerade einmal 54 Jahre alt geworden wäre.
Entsprechend möchte ich mir erlauben, heute an dieser Stelle im WSOP Blog Special an ihn zu erinnern, der vielleicht letztendlich doch zu einsam [welcher Pokerspieler ist (beim Spiel) nicht einsam?] trotzdem geradezu DAS Prinzip des Spielers verkörperte, um das es, – da bin ich mir sicher – auch in diesem Jahr wieder ganz grundsätzlich in Las Vegas doch geht.
Erinnern möchte ich an ihn mit einem Video, indem nicht nur Las Vegas und Stationen seiner Reise gezeigt werden, sondern auch der heutige Präsident himself darin kommt zu Wort, bzw. es verschlägt ihm letztendlich die Sprache. Ich finde, das macht ihn noch viel sympathischer, und spricht nicht gerade diese Szene Bände?
Ist man erst tot, so glaube ich spielt es (von den materiellen Interessen der Erben abgesehen) keine Rolle, ob man kurz davor broke oder Millionär.
“Ich bin nicht viel mehr als ein Tier, das man tanzen gelehrt hat durch Schläge und schmale Bissen”. spricht das Seiltänzer im Todeskampf und Zarathustra antwortet voller dionysischer Gewissheit: “Nicht doch”. “Du hast die Gefahr zu Deinem Beruf gemacht, daran ist nichts zu verachten. Nun gehst Du an Deinem Beruf zugrunde: dafür will ich Dich mit eigenen Händen begraben.”
Wie sprichwörtlich ein “Kind” hat er, “The Kid”, das Spiel gelebt und die Pokerwelt mit seinem Antlitz geprägt. Mit einer Verzückung, der ekstatischen Selbstvergessenheit, der außerordentliche Schönheit gerade des Spielers, der oft eben nicht nur erschafft, sondern gleichzeitig eben fast zwangsläufig auch zerstört. Könnte nicht gerade auch Las Vegas ganz allgemein, und die WSOP Pokerweltmeisterschaft insbesondere dafür ein Ausdruck sein für dieses Prinzip:?
“Unschuld ist das Kind und Vergessen, ein Neubeginnen, ein Spiel, ein aus sich rollendes Rad, eine erste Bewegung, ein heiliges Ja-sagen. Ja, zum Spiele des Schaffens, meine Brüder, bedarf es eines heiligen ja-sagens: seinen Willen will nun der Geist, seine Welt gewinnt sich der Weltverlorene. Drei Verwandlungen nannte ich euch des Geistes: wie der Geist zum Kamele ward, und zum Löwen das Kamel, und der Löwe zuletzt zum Kinde. Also sprach Zarathustra. Und damals weilte er in der Stadt, welche genannt wird: Die bunte Kuh.“ (Friedrich Nietzsche: Also sprach Zarathustra, 1883-85)
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 19.06.2007.
Autor: PokerOlymp.com.