Oft wurde schon – und wird noch immer – vor den Gerichten diskutiert, ob Poker denn nun ein Glücksspiel oder doch ein Geschicklichkeitsspiel ist. Die Meinungen gehen weit auseinander. Und doch gibt es noch eine dritte Möglichkeit, um Poker in eine Kategorie einzureihen. PokerOlymp möchte Ihnen zu Weihnachten ein kleines Märchen erzählen…
Erinnern Sie sich noch an den Klassiker aus dem Jahre 1947 “Wunder in der 34. Straße”? Kris Kringle behauptete, er sei der Weihnachtsmann. Und so fand er sich eines Tages vor Gericht wieder, wo in einer Anhörung seine Kompetenz gerichtlich festgestellt werden sollte. Der Bezirksstaatsanwalt verlangte, dass Kringle einen “maßgeblichen Beweis” liefern sollte, der eindeutig klärte, dass Kringle war, was er behauptete. Mit ein wenig Hilfe von der Post kam es zum Höhepunkt des Films. Unzählige Briefe, die an den Weihnachtsmann geschrieben waren, wurden an Kringle ausgeliefert und landeten schließlich am Richtertisch. Und so kam es zur Wendung in diesem Fall. Der Verteidiger Fred Gailey: “Euer Ehren, alle Briefe wurden an den Weihnachtsmann gerichtet und alle wurden an Mr. Kringle zugestellt. Also kennt die Post, ein offizielles Organ der Regierung und somit des Staates, diesen Mr. Kringle als Weihnachtsmann.” Darauf der Richter: “Nun, da die Regierung der Vereinigten Staaten in Form der Post diesen Mann als den Weihnachtsmann deklariert, wird dieses Gericht nicht darüber urteilen. Fall abgeschlossen!”
Aber was hat das mit Poker zu tun, werden Sie sich fragen. Es gibt schon lange auch die Diskussion, ob Poker Sport oder nur Spiel ist. Die meisten Pokerspieler sehen es als Sport, kämpfen um höhere Preisgelder als in jeder anderen Sportart, es gibt viele Zuseher und auch zahlreiche Sponsoren und die Fähigkeit und Begabung ist ein maßgebliches Kriterium dafür, ob man Profi werden kann. Gegner sagen, dass Poker nichts anderes als eine Form von Spiel ist, ähnlich jedem anderen Casino-Spiel erfordert es mehr Glück als Geschick. Bestenfalls ist es ein Kartenspiel, fordert aber keine körperlichen Fähigkeiten wie bei einer Sportart. Wie kann man jetzt offiziell und gerichtlich feststellen, ob Poker Sport oder Spiel ist. Die Diskussion ist einfach nur Ansichtssache, ähnlich wie beim Fall von Mr. Kringle. Man braucht ganz einfach einen eindeutigen Beweis….
Fangen wir bei der Definition des Wortes “Athlet” an. Ein Athlet ist eine Person, die darauf trainiert ist, einen Sport auszuüben. Ebenso kann die Bezeichnung einer Person als “Athlet” davon abhängig gemacht werden, ob diese Person über besondere mentale statt physische Stärken verfügt, um an einem Wettkampf teilnehmen zu können. Es ist bekannt, dass Uncle Sam genau dieses Definition dazu heranzieht, um Pokerspielern ein Visum zu geben, damit diese für fünf Jahre in Amerika leben und spielen können. Dieses Visum ist das selbe, welches professionelle Sportler (Baseball, Basketball, usw.) erhalten. Um der Sache genauer auf den Grund zu gehen, wurde der Immigrationsexperte Steve L. befragt, der bereits 20 Spieler beraten hat. Mr. L. ist einer der 100 besten Rechtsanwälte in den Staaten. Der erste Spieler, dem Mr. L. zu seinem Visum verholfen hatte, war niemand anderer als Daniel Negreanu.
Laut Mr. L. gilt dieses spezielle Visum für Künstler, Entertainer und Sportler. Dass Poker-Spieler auch Entertainer sein können, weißt sich alleine schon durch verschiedene TV-Auftritte. Der Prozess bis über das Visum entschieden ist, kann bis zu vier Monaten dauern, zahlt man jedoch eine Bearbeitungsprämie von $1,000, so wird die Aufenthaltsgenehmigung binnen 14 Tagen bearbeitet. Das Visum gilt für fünf Jahre und kann um weitere 5 Jahre verlängert werden, also hat der Spieler schon 10 Jahre, in denen er in den USA spielen kann. Am Ende dieser Dekade ist entscheiden, ob aus diesem Spieler ein Star geworden ist. Wenn ja, so kann der Spieler eine Green Card beantragen, in Kategorie “Besondere Fähigkeiten”. Mr. L. erklärt weiters, dass es vom Staat aus sieben Kriterien gibt, die für das Visum notwendig sind. Diese Kriterien sind für dieses spezielle Visum weit einfacher angesetzt als für andere. Hinzukommt, dass nur zwei der sieben Kriterien erfüllt werden müssen.
Und der Clou an der Sache – Nahezu jeder Spieler erfüllt sogar vier der sieben Kriterien. Man benötigt eine schriftliche Aussage von einem Beamten einer offiziellen Behörde des Sports (WPT oder WSOP), eine schriftliche Aussage einer Sportzeitschrift (z.B. Cardplayer), dass der Spieler international gekannt wird. Weiters ist eine Eintragung in ein offizielles Ranking (davon gibt es im Poker ja mehrere) nötig, dann einen Nachweis, dass der Spieler bereits gewisse Erfolge erzielt hat (Preisgeld, Trophäen, Bracelets). Wenn man nun das WPT-Five-Diamonds-of-Poker 2005 heranzieht, hätte man als Beispiel die beiden Finalisten Patrick Antonius und Rehne Pedersen. Alleine mit ihrem Auftreten beim WPT-Event wären sie schon berechtigt, ein Visum in den USA zu beantragen.
Und so kommen wir wieder auf das Wunder in der 34. Straße zurück und ersetzen die Frage “Ist Mr. Kringle der Weihnachtsmann?” durch die Frage “Ist Poker ein Sport?”
Verteidiger: “Euer Ehren, jedes dieser von der Einwanderungsbehörde ausgestellten Visa lautet auf einen Pokerspieler. Es ist diesen Spielern gestattet, in den USA als Sportler zu leben und zu spielen. Die Einwanderungsbehörde ist Teil der Regierung in Ausübung ihrer Hoheitsgewalt. Wenn sie diese Personen als Athleten anerkennt, heißt das, dass Poker ein Sport ist.” Darauf der Richter: “Ja wenn die Regierung der Vereinigten Staaten professionelle Pokerspieler als Sportler ansieht, so wird dieses Gericht nicht anders entscheiden. Fall abgeschlossen!”
Quelle: PokerPlayer
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 24.12.2006.