Betrug am Kartentisch. Ein heißes Thema von immer währender Aktualität. Michael Dworschak plaudert aus dem schmutzigen Nähkästchen. Der Titel des Buches „The Dark Side of Poker“ ist trefflich gewählt. Dem Autor selbst seine dunklen Seiten zu unterstellen, wäre dann doch etwas unfair. Auch da gilt selbstverständlich die Unschuldsvermutung oder um es mit einem schlampigen Bibelzitat (Lukas Evangelium) abzumildern „…denn sie wissen nicht, was sie schreiben“.
Trotzdem (oder vielleicht gerade deshalb?) gebe ich eine deklarierte Erwerbsempfehlung ab. Das Buch „The Dark Side of Poker“ zu kaufen, ist eine hochgradig vernünftige Investition für jeden seriösen Kartenspieler. Im Gegenwert von zwei Big Mac Menüs (plus Apfeltasche) erfahren Sie auf 150 Seiten eine Menge über betrügerische Techniken am Kartentisch. Und auch bei nur oberflächlicher Lektüre dieses Buches werden sicher so mancher reiner Seele schmerzlich die naiven Augen geöffnet. Nur ein einziges Mal nicht in die Falle zu tappen und schon haben Sie den Kaufpreis vielfach herinnen.
Für all jene, die ihr Vorstrafenregister um ein weiteres Delikt bereichern wollen, ist „The Dark Side of Poker“ sowieso Pflichtlektüre. Übersichtlich und präzise in der Schilderung, illustriert mit mehr als 150 Fotos, lernen Sie Schritt für Schritt Ihr Handwerk und solange Sie sich dann nicht erwischen lassen, ist der goldene Boden tatsächlich garantiert. – Zu den Bildern kann ich mir eine böse Anmerkung jetzt doch nicht verkneifen. Flaue Fotos, deren Kontraste nur noch in homöopathischen Spuren und mit gutem Willen zu erkennen sind. Das ganze Buch erinnert mich an ein nostalgisches Fachbuch aus alten DDR-Beständen (aber auch dieses müssten Sie dann noch vorher einen regenfreien Sommer lang im prallen Sonnenlicht zwischenlagern.)
Aber kommen wir zurück zum Inhaltlichen. Zugegeben, es ist verführerisch. Unter den Betrügern ist der Falschspieler nun mal so eine Art letzter Held. Auch in Film und Literatur drücken wir doch in der Regel dem trickreichen Kartenkünstler die Daumen und hoffen keinesfalls auf eine verhängnisvolle Entlarvung desselben. Ist ja auch kein Wunder, wenn sich die eigene finanzielle Beschädigung mit dem Kauf der Kinokarten in engen Grenzen hält, kann man doch gemütlich und mit gewisser Schadenfreude zusehen, wie der Falschspieler die Gegner abzieht. Die es noch dazu meist ohnedies nicht besser verdient haben.
Problematisch ist das Werk von Michael Dworschak deswegen, weil es dem Anspruch, eine Art Früherkennung von betrügerischen Manipulationen zu erklären, einfach nicht gerecht wird. Der Autor scheitert nicht bei diesem zugeben schwierigen Unterfangen, er versucht es erst gar nicht. Oder um mit seinen Worten zu sprechen: „Die meisten Methoden, die ich hier erkläre, können nur mit Hilfe einer Hochgeschwindigkeitskamera bewiesen werden.“ – Da stellt sich schon die Frage, wieso erklärt er dann trotzdem jeden einzelnen Schritt mit höchster Akribie?
Die sozialen Signale, die warnenden kleinen Zeichen, mit denen man den in der Regel keineswegs besondern, schlauen Falschspielern ausweichen könnte, werden nur ganz am Rande – dann aber durchaus kompetent – besprochen. Und da liegt nach meiner Meinung auch das größte Versäumnis des Buches. Alles in allem bereue ich nicht, dieses Fachbuch gelesen zu haben. Mit einem konsequenten Titel wie „Betrügen leicht gemacht – 10 Lektionen für den ambitionierten Falschspieler“ wäre meine Rezension ungleich milder ausgefallen.
So bleibt der fahle Beigeschmack und für die Sauberkeit des deutschen Pokersports wird dieses Buch garantiert wenig hilfreich sein. Informationen, was es alles gibt und (leider) wie das geht, bekommt man genug: Wenn Sie sich also aktiv gegen Falschspiel schützen möchten, halten Sie sich besser an den indirekten Tipp des Autors und erwerben Sie im Elektronikmarkt Ihres Vertrauens eine schlichte Hochgeschwindigkeitskamera. – Viel Spaß beim Filmen.
Götz Schrage
Anmerkung: Das Buch „The Dark Side of Poker“ ist im Animazing Verlag erschienen und hier erhältlich.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 22.01.2008.