Viel erreicht und voller Pläne! Katja Thater hat einen dicht gedrängten Terminkalender. Trotzdem nahm sie sich Zeit für ein ausführliches PokerOlymp Gespräch. Pudelmützen in der Wüstenstadt, Heiratspläne und ein gemieteter Elvis Presley. Katja Thater schildert nochmals den Vorfall um Men „the Master“ und PokerOlymp Autor Götz Schrage hat da etwas kräftig missverstanden. – Lesen Sie ferner, wie die frischgebackene Bracelet-Gewinnerin den offensichtlich abgeblasenen skandinavischen Großangriff kommentiert und wie sie mit der Kritik aus den Foren umgeht.
Götz Schrage: Servus Katja. Den Triumph schon verdaut? Was gibt es Neues aus Las Vegas?
Katja Thater: Unter anderem, dass ich gerade in Hamburg bin.
Götz Schrage: Hamburg? Habe ich da was verpasst? Spielen sie jetzt Dir zu Ehren die WSOP an der Alster fertig?
Katja Thater: Nein, schön wär’s. Die Temperaturen in Las Vegas sind ja nicht zum Aushalten. Drinnen 16 Grad und Pudelmütze, draußen 55 Grad und selbst ein Bikinioberteil ist noch zu viel. Da lobe ich mir mein Hamburger Schmuddelwetter mit einheitlichen 18 Grad. Aber im Ernst: Jan und ich haben hier zu tun. Schließlich haben wir eine Menge Projekte laufen und die Arbeit wird nicht weniger. Zum Main Event sind wir dann wieder drüben.
Götz Schrage: Alles klar. – Wolltet Ihr nicht noch auch was wirklich Wichtiges in Las Vegas tun? Stichwort: Weißes Kleid, Elvis Presley als Priester und eine handvoll Reis im Dekolletee?
Katja Thater: Kann alles noch passieren, da wird sich schon ein Minütchen finden (lacht). Und wenn wir das mit einem gemieteten Elvis während des Main Events zwischen „All-in“ und „Raise“ machen. Vielleicht singt Marcel Luske uns dann auch noch ein Ständchen. Aber im Ernst: Wir sind in erster Linie zum Pokerspielen drüben und ein Hochzeitstermin muss sich dem aktuellen Stand des Mainevents unterordnen. Sofern ich nicht den Finaltisch erreiche muss ich z.B. am 17. Juli gleich nach Kanada weiterfliegen, Werbespots für PokerStars.
Götz Schrage: Ihr spielt doch beide eine Bomben-WSOP. Auch Jan hat einen Finaltisch erreicht und sich respektabel geschlagen. Da müsste doch schon längst DSF auf der Matte stehen. „Katja und Jan in Love“ – 50 Folgen im Hauptabendprogramm. Ich würde mir das ansehen, garantiert, und bei der Hochzeit würde ich dann auch weinen. Ebenfalls garantiert.
Katja Thater: Ja, das stimmt. Wir haben zusammen insgesamt bisher 7 Cashes, 3 Finaltische und ein Bracelet. Und, Du wirst es nicht glauben, aber es gab tatsächlich eine Anfrage, die geplante Trauung mit Fernsehkameras zu begleiten. – Aber das wollen wir dann doch lieber sein lassen. Ich schicke Dir ein Mail, vielleicht sogar mit Bild. Also leg die Taschentücher bereit.
Götz Schrage: Back to Business. Sein Geld mit Pokern zu verdienen hat etwas Spannendes und sollte doch irgendwie viel mit Freiheit zu tun haben. Man ist sich selbst verantwortlich, man macht seine eigenen guten Moves und seine eigenen Fehler. Aber wenn ich mir denke, was Du alles so für Verpflichtungen hast, dann wird Pokerspielerin irgendwie zu einem richtigen Beruf.
Katja Thater: Es ist ein richtiger Beruf. Ich bin Teil des PokerStars Team und das bin ich wirklich sehr gerne. Mit PokerStars habe ich genau den richtigen Partner gefunden, die Zusammenarbeit läuft optimal. Aber natürlich, es gibt unzählige Pressetermine, ich halte Lehrgänge, bin auf Veranstaltungen, drehe TV-Shows und kommentiere mit Michael Körner beim DSF. Zudem spannt mich Jan ganz schön ein. Der ist erstens als Mensch sehr anspruchsvoll und zudem schüttet er mich auch mal gerne mit Arbeit zu.
Götz Schrage: Wie glamourös darf man sich das vorstellen, Mitglied bei PokerStars? Einerseits musst Du wohl auch bei 50 Grad im Schatten eine Jacke mit Logo tragen. Hast Du dann im Gegenzug wenigsten Deinen eigenen Tischsklaven im Hintergrund? Der Dir Deinen Lieblingsapfel schält und kleine bunte Zahnstocher rein piekst, damit Du Dir Finger nicht klebrig machst?
Katja Thater: Ganz so ist es nicht – aber ich werde schon optimal umsorgt und durchaus auch mal verwöhnt. PokerStars gibt mir alle möglichen Freiheiten, stellt anderseits aber auch hohe Anforderungen. Außerdem ist durch die nervöse amerikanische Rechtslage das Team relativ klein. Man weiß ja einfach nicht, was den Behörden noch einfällt.
Götz Schrage: Aber Sven Stiel wird sich das Mainevent nicht entgehen lassen? In einem Interview, das ich mit ihm führen durfte (Link) hat er eigentlich einen sehr unerschrockenen Eindruck gemacht.
Katja Thater: Sven ist auch unerschrocken und wird auch sicher – vielleicht als Privatmann – zum Main Event vor Ort sein. Ich freue mich schon, ihn zu sehen.
Götz Schrage: Zu Deinem sensationellen Sieg beim Razz Event. Ich meine Razz?! – Das ist doch wie Quantenphysik zu studieren und mit Auszeichnung abzuschließen. Oder hast Du einfach die Regeln nicht wirklich verstanden, am Schluss aufgedeckt und den Dealer gefragt: Erklären Sie mir bitte meine Hand?
Katja Thater: Also mal Danke für das Kompliment im ersten Teil Deiner Frage. Und zu Deiner zweiten Theorie. Wenn das Dein Plan ist, ein Bracelet zu gewinnen, muss ich Dich leider enttäuschen. Das Spiel ist sehr komplex und vor allen Dingen ist das Starterfeld bei der WSOP im Razz traditionell sehr stark. Da verirrt sich keiner mal eben aus Jux und Tollerei. Da sind eher die Spezialisten unterwegs. Aber eine schöne Geschichte am Rand, wie man es auch versuchen kann: Jan hat es mal fertig gebracht, bei der WSOP 2001 oder 2002 noch im Binion’s Horseshoe damals, sich in das Omaha High/Low World Championship einzukaufen, ohne das Spiel jemals vorher gespielt zu haben. Während des laufenden Event, ich glaube im 3. Level rief er dann: „Schatzi, besorg mir bitte mal ein Buch, ich muss mal rauskriegen, was eigentlich die besten Starthände sind und was hier überhaupt gewinnt.“ Alles nachdem er die $5000 Buy-in gezahlt hatte! Er wurde 38. und hat auf dem Weg Spieler wie Layne Flack oder Allan Cunningham aus dem Turnier genommen. Die Dealer und Mitspieler haben bestimmt das eine oder andere mal beim Showdown komisch geguckt, kann ich mir vorstellen (lacht).
Götz Schrage: Einer der Razz Spezialisten ist ja sicher der legendäre Saufkopf Men „the Master“. Im Interview mit dem Kollegen Ben Kang schilderst Du das ja recht witzig. – Was mich nur verblüfft hat, Du erwähnst da, dass Du als einzige im Turnier „die Eier“ gehabt hast, Men „the Master“ in die Schranken zu weisen. Ist das Dein Selbstbild, Dich mit fremden primären Organen zu schmücken? Oder hast Du da in Biologie in der entscheidenden Stunde nicht richtig aufgepasst?
Katja Thater: Lieber Götz! Du hast da nicht richtig aufgepasst. Es gab da tatsächlich einige unschöne und unsportliche Szenen und weder das Floorpersonal noch andere Spieler habe da etwas dagegen unternommen. Bis mir der Kragen geplatzt ist und ich den Mann nachhaltig erklärt habe, dass sein Benehmen unpassend und unfair ist – und das habe ich anscheinend gut gemacht, denn es hat funktioniert. Hinterher, in der Pause, hat mir dann Mickey Appleman gratuliert und eben diese Bemerkung gemacht, über Du Dich amüsierst. – Alles klar?
Götz Schrage (zerknirscht): Alles klar Frau Thater. Aber apropos „Kragen geplatzt“. Du kommst ja in den deutschen Foren oft nicht gut weg. Die Spieler werfen Dir Arroganz und mangelnde Demut dem Bracelet gegenüber vor – Wie gehst Du damit um?
Katja Thater: Gar nicht. Was in den deutschen Foren bei Besserwisser-Micro-Spielern mit Schachbuch unterm Arm gut ankommt oder nicht, ist mir nicht so wichtig. Akzeptiert man meine Art, ok. Und wenn nicht, dreht sich die Welt auch weiter. In den amerikanischen Foren z.B. dagegen lieben sie mein direktes und ehrliches Wesen, meinen aber, ich hätte noch nicht optimal gespielt. DAS beschäftigt mich. Mein Job ist es, gutes Poker zu spielen. Punkt.
Götz Schrage: Ja das musst Du doch dank der vielen Castingshows gelernt haben – Wie freue ich mich richtig? Wie jubele ich richtig und wann muss ich zerknirscht auf den Boden gucken. Versuche es doch mal mit ein bisschen Tränen. Das kommt immer gut oder die Stefan-Kunz Säge auspacken.
Katja Thater: Nochmals Götz. Ich bin, wie ich bin und selbstverständlich wird jeder gerne gemocht, aber wohl nicht dafür, dass man eine Rolle spielt. Unter uns deutschen Spielern bei der WSOP ist eine sehr herzliche Stimmung. Wir kennen uns alle ja lange und haben schon oft mit- oder gegeneinander gespielt. Andreas Krause hat mich so gedrückt, dass ich dachte, die Luft bleibt mir weg. Selbstverständlich hab ich seinem Finaltisch auch beigewohnt und ihm zugejubelt. Toni Vardjavand und ich haben uns gegenseitig angefeuert. Bei Michis Bracelet hab ich geschrieen vor Freude, weil ich weiß, wie wichtig es ihm ist. Wir halten da schon zusammen. Auch Kritik ist erwünscht. Die ist aber konstruktiv und wird sauber rübergebracht. Ich bin froh, wenn mir einer sagt: “Mach das mal das nächste Mal besser.” Das gilt auch für den Umgang mit den Medien.
Götz Schrage: Letzte Frage. Du verfolgst doch sicher die Nationenwertung bei PokerOlymp (Link) und hast ja schon einige Pünktchen zum sensationellen 3. Platz der deutschen Spieler beigetragen. Was ist denn bloß mit den skandinavischen Spielern los. Da dachte man doch einige Zeit lang, da kommt ein Großangriff und Finnen, Schweden und Dänen machen die WSOP unter sich alleine aus. Haben die ihr Talent im Reisegepäck verloren oder was ist passiert?
Katja Thater: Nein, die skandinavischen Young-Guns haben durchaus Talent, aber man hat sich inzwischen auf ihren frechen Spielstil ganz gut eingestellt. Man tut gut daran, sich zurückzulehnen. Die bringen sich auch ohne fremde Hilfe um. Die vielen Testosteron-geladenen Nachwuchsspieler müssen ja erst noch beweisen, ob sie in der Pokerwelt nachhaltig bestehen können. Egal, ob aus Skandinavien oder Deutschland.
Götz Schrage: Doch noch eine Frage. Beziehungsweise ein Tadel, der mit viel Lob beginnt. Ich bin doch ein aufrichtiger Bewunderer Deines Talentes zu schreiben. Ich habe ja sogar Mal eine richtige Laudatio auf Deine Texte geschrieben (Link). Irgendwie bin ich da im Moment aktuell ein wenig enttäuscht. Die Überschriften sind immer noch voll Poesie, aber es ist nicht mehr so viel Liebe in der Sprache. Wie gerne würde ich lesen, wie die Luft schmeckt in Las Vegas. Wie es sich anhört, wenn Dein Bracelet sacht gegen die Nieten Deiner Jeans klappert. All diese blumigen und ungewöhnlichen Bilder, die Deinen Blog früher ausgezeichnet haben.
Katja Thater: Da hast Du mich jetzt ein wenig erwischt. Ich hatte einfach zuviel zu tun. Da konnte ich nur rasch und vielleicht mit etwas weniger Herzblut Informationen transportieren. Aber Du hast Recht. Ich werde mir sicher wieder ganz bald mehr Zeit nehmen und – wie Du es nennst – Texte mit Poesie schreiben.
Götz Schrage: Gut. Dann bedanke ich mich im Namen der Leser für dieses Interview und persönlich freue ich mich schon über Poesie aus Las Vegas. Viel Glück beim Main Event.
Katja Thater: Danke für die guten Wünsche und auch danke für all die netten Worte und Kommentare der PokerOlymp Leser.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 27.06.2007.