Verstehen ist meist nur ein Trostpreis im Leben – im Vergleich zum Selbst-Erleben. Das Pokerspiel ist – wie sicher nur einige ganz wenige andere Höhepunkte – Erleben pur, magisch, faszinierend, in seiner Komplexität unbeschreiblich. Dennoch möchte man hin und wieder die eigene Faszination teilen, sich selbst oder anderen davon berichten, vielleicht etwas davon zu bewahren suchen, den Schmerz lindern, die Freude teilen. Zuweilen ist das eigene Leben vielleicht gar nicht anders zu ertragen, als durch den Versuch, das Erlebte in Worte zu fassen – das Nadelöhr der Sprache möglichst zu biegen? Ein Bad Beat am Bubble, der erste Royal Flush, wie man es mit Liste und Tücke nun doch noch hat gemeistert hat, die Hand zu gewinnen – wer kann und möchte dies alles nur für sich behalten, einzig im Stillen sich darin wälzen?
Allein – die Sprache ist nur ein Aspekt, Erlebnisse, Situationen möglichst teilbar zu machen. Den Götter sei Dank- sind wir nicht ganz gänzlich nur auf verbale “Schatten” angewiesen, sondern manche Menschen verfügen noch über ganz andere Möglichkeiten, Kanäle, Wege, und dadurch vielleicht gerade sogar, Erlebnismöglichkeiten neu zu erschaffen. Musik, Kunst gar bietet oft neue Chancen, Erlebnisse teilbarer zu machen. Auch geht es darum, manches Geheimnis zu lüften, Deckmäntel beiseite zu ziehen. Blickwinkel auf das Leben zu offenbaren, die ansonsten eher scheinen verdeckt. Wie Wissenschaft und Kunst ist auch das Pokerspiel ein Abenteuer, das am Besten keine Grenzen akzeptiert. Das Pokerspiel offenbart ganz genauso wie manche Kunst Einblicke, ermöglicht Selbstreflektion und Gefühlssensationen und gerade im Zusammenspiel entstehen so vielleicht Poker-Kunst-Lebenswerke, die sowohl Pokerspielern das Leben als auch anderen Menschen vielleicht das eigene “Pokerspiel” ihres Lebens näherbringen zu vermögen?
Und so ist es uns hier gelungen, einen Künstler dazu zu bewegen, seine Ansichten über das Pokerspiel in Kunstwerke zu fassen. Hier wurde der Versuch unternommen, auf gerade künstlerische Weise, Situationen des Lebens, eine Beschreibung und einen Ausdruck zu verleihen.
Geht es beim Poker darum, auf eine spielerische Art und Weise sich mit sich selbst, seiner Umwelt und diversen Situationen des Lebens auseinanderzusetzen, so hat die Kunst darüber hinaus noch ein weiteres Ziel: Die Kunst möchte hinterfragen – am Rande von Moral und Selbstverständlichem entlang auf Unebenheiten und Brüche aufmerksam machen, Spiegel vorhalten, Freude wecken aber vielleicht auch Erschrecken und andere Gefühle hervorrufen.
Ganz bestimmt also sprechen diese Bilder auch die Sprache der Ehrfurcht, des Respekts, wenn nicht gar zuweilen sogar ein Schaudern mitschwingt, gerade auch vor den Gewalten des Pokerspiels. Wie sehr mag das Pokerspiel unterschiedlichste Charakterzüge an die Oberfläche zu zerren, menschliche Abgründe, aber auch Lebensfreude, Demut, Verzweiflung, gar Hass aber vor allem auch Verwunderung, Begeisterung, letztendlich immer Menschliches in den verschiedensten Facetten zu offenbaren? Nicht immer nur freundlich, aber sicher doch mit einem grundsätzlichen Wohlwollen, oft einem verschmitzten Lächeln dahinter, hat der Künstler, der hier keinen Wert auf die Nennung seines Namens legt -würde dies doch nur wieder bereits den Blick versperren, sich grundlegend mit dem Pokerspiel und seinen Protagonisten auseinandergesetzt.
Die Kunstwerke selbst also mögen nun „sprechen“. Bilder – gerade ohne Worte – rund ums Thema Pokern und wir alle sind hiermit hier bei den Pokergöttern herzlich dazu eingeladen, einmal – oder immer mal wieder- auf eine etwas andere Weise möglichst zu staunen. Das Angebot möglichst weitreichend anzunehmen, sich auch auf diese Weise in erster Linie wohl immer auch mit sich selbst, dem eigenen Erleben auseinanderzusetzen. Nachzuspüren, zu sehen, ob man nicht gerade auch selbst sich oder bestimmte Erinnerungen, Gedanken oder Gefühle wieder erkennt, oder vielleicht auch gerade jetzt gleich zum ersten Male darauf aufmerksam gemacht werden wird, “ja, auch so könnte es sein, – mit mir und anderen – am Pokertisch”.
Stefan Schüttler
\'
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 25.03.2007.