Einen kleinen Ausflug in die Welt der Micro-Limits unternahmen wir dieses Mal bei der Hand der Woche und wie immer wurden unsere Leser aktiv am Geschehen beteiligt. Bei der folgenden Hand aus einer Fullring-Partie handelt es sich um eine Lesereinsendung, die Blinds betragen 0,05 $/0,10 $ und die Stacks der Beteiligten 10 $. Informationen über den Gegner gibt es keine.
Der Protagonist bekommt auf dem Button A 10 und vor ihm minraist ein Spieler in mittlerer Position auf 0,20 $. Der Protagonist entscheidet sich zu einem Reraise auf 0,75 $. Die Blinds folden, aber der ursprüngliche Raiser callt. Im Pot sind damit 1,65 $.
Auf dem Flop kommen 10 9 5 und nach dem Check des Spielers in mittlerer Position setzt der Protagonist 1,25 $. Sein Gegner callt und im Pot sind 4,15 $.
Der Turn bringt mit der 2 eine Blank und der Spieler in mittlerer Position setzt von vorne 0,60 $. Der Protagonist raist auf 3,25 $ und sein Gegner callt. Im Pot sind damit 10,65 $.
Frage 1: Wer spielt den Turn anders und warum?
Auf dem River kommt die 6 und der Gegner checkt. Der Protagonist hat noch 4,75 $ übrig.
Frage 2: Wie soll er spielen? Value Bet bzw. All-In oder Check?
Und hier die Auflösung:
Zunächst wie immer vielen Dank für die Vorschläge und Kommentare. In der Hand gibt es drei kritische Punkte, die unter die Lupe genommen werden müssen.
Beginnen wir bei der Action vor dem Flop. Ein unbekannter Spieler raist aus mittlerer Position und der Protagonist beantwortet dies mit einem Reraise vom Button. Dieser Spielzug ist grundsätzlich gut, doch die dafür verwendete Hand nicht sonderlich geeignet. Gegen die normale Range des Gegners – Paare und starke Broadway-Hände – sieht es nicht besonders gut aus und wenn man ein Ass trifft, liegt man gegen die Call-Hände des Gegners meist hinten.
Dank der Position ist der Spielzug vielleicht profitabel, aber auf höheren Limits kaum zu empfehlen.
Das Spiel auf dem Flop bedarf keines Kommentars, da das Board fast optimal ist und man auch ohne Treffer fast immer eine Conti-Bet bringen sollte. Aus den genannten Gründen ist es übrigens wesentlich besser, die Zehn als ein Ass zu treffen.
Nun zum Turn. Der Raise wurde von den meisten Lesern zwar positiv kommentiert, mir gefällt er aber überhaupt nicht, und dies aus zwei Gründen. Erstens stellt sich die Frage, welche schlechtere Hand callt (auch wenn es sich um Micro-Limits handelt) und zweitens verstößt der Raise gegen die Grundregel „Kleine Hand, kleiner Pot, große Hand, großer Pot“.
Top Pair mit Top Kicker ist eine Hand, mit der man im Regelfall nicht um Stacks spielen sollte und die maximal zwei Bets rechtfertigt. Hinzu kommt, dass der Protagonist, anstatt den Pot zu kontrollieren, die All-In-Schwelle überschreitet und Pot-Committed ist.
Das Argument, wegen Protection zu raisen, zieht an dieser Stelle kaum. Liegt man vorne, hat der Gegner kaum noch Outs und damit sehr wenig Pot Equity. Ein Open-ended Straight Draw mit Qx Jx hat gerade noch 31 Prozent Pot Equity, und das ist von den schlechteren die Hand, die wegen der beiden Overcards optimal für den Gegner ist. Auch sehe ich in dem Raise wenig Value. Viele schwächere Hände folden, die eine Bet auf dem River noch callen würden, während kaum eine bessere Hand foldet.
Kommen wir zum River. Durch seinen Raise ist der Protagonist Pot-Committed und sollte seine restlichen 4,75 $ dementsprechend im Pot unterbringen. Wer A sagt, muss auch B sagen. Andererseits ist die 6 zwar eine Blank, doch muss man sich fragen, womit der Gegner auf dem Turn gecallt hat. Auch hier also wieder die alte Frage: Welche schlechtere Hand callt, bzw. welche bessere Hand foldet. Letzteres scheidet aus, da natürlich auch der Gegner Pot-Committed ist und ein Overpair Mit Pot Odds von 3 zu 1 gar nicht folden kann. Bleiben noch schlechtere Hände wie Kx Tx oder Qx Tx oder vielleicht 8x 8x , die callen.
Im Grunde stellt sich diese Frage aber nicht, weil man die Entscheidung schon auf dem Turn getroffen hat. Raist man dort, entscheidet man sich dafür, auf dem River zu pushen. Will man dies nicht, sollte man auf dem Turn nicht raisen. Meine Entscheidung lautet deshalb All-In auf dem River.
In der konkreten Hand checkte der Protagonist. Sein Gegner zeigte (merkwürdig gespielte) K K und gewann den Pot mit 9,94 Dollar.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 02.03.2011.