In seinem neuen Beitrag widmet sich unser Kolumnist Flippo einer Hand, die ihm einiges Kopfschütteln und -zerbrechen bereitete. Am Ende jedoch stellt sich heraus, dass sein Gegner offenbar ein starker Spieler ist und gute Handanalyse betrieb. Doch lest selbst:
Neulich trug sich folgende Hand an meinen Tischen zu:
Wir spielen 3Handed 0,5$/1$. Im BigBlind sitzt ein Sonntagsspieler, der auch am Freitagabend seinen Weg an die Tische gefunden hat, im Smallblind sitzt ein Regular. Ich bekomme J 5 am Button, eröffne für 3$, der Regular im Smallblind callt und der Sonntagsspieler foldet.
Der Flop kommt 9 4 4 , der Smallblind checkt zu mir und ich entscheide mich für eine C-bet. Aufgrund der Boardtextur halte ich den halben Pot für groß genug, um einige Acehighs und Kinghighs zum Folden zu bringen. Alles was callen will, callt sowieso, auch bei größeren Bets. Leider verklicke ich mich, sodass ich 3$ statt 4$ in den 7$ Pot bette. Der Smallblind callt.
Der Turn bringt das A , eine wunderschöne Scarecard, um weiter Druck auf den Regular auszuüben. Er checkt, ich bette 9$ in den 13$ Pott, er überlegt kurz und callt.
Der River blankt mit einer 6 . Nicht unbedingt eine Karte, vor der mein Gegner Angst haben muss; Asse, die am Turn getroffen haben, werden hier sicher nicht auf eine weitere Bet folden, aber ich weiß, dass er weiß, dass ich das Ass am Turn immer betten werde und gehe davon aus, dass er auf weitere Aggression viele kleine Paare folden muss. Um mittelstarke Toppairs repräsentieren zu können und meine Range nicht zu sehr zwischen Bluffs und wenigen sehr guten Madehands zu polarisieren, bette ich nur 18$ in den 31$ Pott. Der Smallblind überlegt kurz, callt, zeigt Q K und ich falle aus allen Wolken: „WHAT THE &%[email protected], wie kann er hier callen?“ .
Nachdem ich mich wieder beruhigt hatte, begann ich über die Hand nachzudenken, tatsächlich hat sie mich so sehr beschäftigt, dass ich jetzt diesen Artikel schreibe. Zunächst vermutete ich, dass sich der Regular auf das seltsame Betsizing am Flop einen Read einbildete. Später wurde mir aber klar, wie er den Calldown machen konnte, indem ich die Hand Schritt für Schritt aus seiner Sicht durchging.
Ob er den Calldown machen kann, steht und fällt vor allem damit, mit welcher Range er mich am Flop C-betten sieht: Wenn er davon ausgeht, dass ich sämtlichen Ramsch und Hände, die gute Equity geflopt haben (z.B. Flushdraws oder Paare) bette, aber Hände mit marginalem Showdown-Value (Acehigh, Underpairs zum Board), in der Hoffnung zum Showdown zu kommen, hinterher checke, kann er den Calldown machen.
Denn ich werde zwar alle ehemaligen Overpairs auch am Turn für Value und aus Balance-Gründen betten, aber ich habe bis auf Acehigh Flushdraws sehr wenige Asse in der Range, mit der ich überhaupt am Turn mit dieser Line auftauche. Ausgerechnet die Asse, mit denen ich am Flop häufig checken würde, versuche ich am River zu repräsentieren.
Mit den meisten Nuthänden, zu denen Sets, Kombos mit 4x und Toptwo zählen, werde ich wohl am River häufiger viel betten als wenig, alle Underpairs zum Ass checke ich am River, sodass sich meine Range, mit der ich hier tatsächlich am River bette, zum Großteil aus Draws, die nicht angekommen sind, einigen puren Bluffs und den wenigen Kombos mit Acehigh-Flushdraws besteht.
Easy call. Nice Hand, Sir!
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 20.12.2010.