Heute geht es mit dem letzten Tag des Turniers weiter und Kurt gibt uns interessante Einblicke in die Mechanismen des WSOP-Game. Auch über Phil Hellmuth kann er berichten, er kommt nämlich wieder an den Tisch. Halleluja und viel Vergnügen:
Ich schnappe mir den Typ mit dem Wasser und hole mir ein paar Flaschen bevor es losgeht. Ich starte wieder meinen Nikotin-Hydration-Kreislauf. Sind alle da? Geht es los? Es stellt sich raus, dass wir keinen Turnier-Screen haben, da in unserem Saal mittlerweile drei Turniere stattfinden. Keine Blindlevel, keine Anzahl der verbliebenen Spieler. Das ist ziemlich ätzend an einem Tag 3. Nur der Turnierdirektor weiß, was Sache ist. Shuffle up and deal!
Die Karten werden ausgegeben. Meine M ist 4,4 und ich bin UTG. Ich kenne die Spieler am Tisch und ich kenne meine Shoving-Range. Letzteres, da ich am Morgen geschlagenen drei Stunden darüber nachgegrübelt habe. Ich atme tief durch, bevor ich in meine Karten schaue.
A Q
Ich lache hörbar. Drei Stunden habe ich nachgedacht und bekomme prompt ein Monster, lol. Ich nehme den Stack, den ich soeben ausgepackt habe und schiebe ihn in Richtung Tischmitte. “Ich bin all-in.” Dann lege ich den Kopf auf meine Hand, friere ein und starre in die Ferne. Fold fold fold fold fold fold fold. Die Big-Blind denkt lange nach. “Fein”, sagt er und schiebt ebenfalls seinen Stack nach vorne.
Er zeigt AJo, ich mein AQs. Ich jubiliere innerlich. Das Board läuft aus und ich habe mich schon im ersten Orbit verdoppelt. Während ich die Big-Blind lege, bin ich immer noch beim Stapeln von Chips. Als der Button bei mir ankommt, berechne ich meine M neu, während ich meine Schrotthand folde. Im Cut-Off-Seat wird zu mir gefoldet und ich bekomme JJ. Meine M ist knapp 10. Aus Late-Position könnte ich eine bloße Erhöhung machen. Aber nee, ich gehe “all-in”.
Ich wusste, ich würde heute innerhalb der ersten 5 Hände all-in sein. Ich wusste allerdings nicht, dass es gleich ZWEIMAL sein würde. Ich schob meinen Stack in die Mitte. Fold fold fold. Jimmy überlegt lange in der Big-Blind. Wir warten. Er tippt auf seine Karten. “Du hast es. Ich weiß, du hast es” und er schmeißt weg. Wieder gewinne ich und staple Chips.
Keith wendet sich an mich: “Warum hast du gepusht, du hättest nur erhöhen können?” Ich zucke mit den Achseln und sage ihm, dass ich nicht gut nach dem Flop spiele.
Ich zähle Chips und nach meinem Mini-Rush habe ich jetzt über 440.000. Ich balle innerlich die Faust. Ich versuche, wieder in meinen Zen-Fold-Modus zu kommen und sehe, wie ein Spieler mit Top-Pair eliminiert wird. Vor den Blinds bekomme ich KK im Cut-Off-Seat. Diesmal mache ich nur einen normalen Raise. Der Short-Stack zu meiner Linken geht all-in und alle anderen gehen raus. Ich calle augenblicklich und er zeigt 77 oder irgendein anderes Nicht-AA-Paar. Ich weiß es nicht mehr so genau. Jedenfalls halten die Kings und ich eliminiere ihn.
Ich habe jetzt über 500.000 Chips. Ich bin ein verdammter Glückspilz. Go, Kurt, go!
Wir sind jetzt nur noch sechs Spieler am Tisch und so wird ein Spieler von dem Neuner-Tisch zu uns gelost. Phil Hellmuth kommt. Ja, und er sitzt zu meiner Linken. Ein leerer Stuhl und Jimmy sind zwischen mir und Hellmuth. Er ist aber trotzdem links von mir.
Phil und Keith kennen einander und beginnen sofort mit Small-Talk. Keith überredet Phil, den Turnierdirektor wegen der Screen-Situation anzusprechen. Phil spricht ihn tatsächlich an und erreicht, dass wenigstens an jedem Tisch eine Blinduhr steht.
Ich sehe El Nino bei den Zuschauern und spreche mit ihm. “Du hast so einen kranken All-in-Move gemacht. Sehr cool.” Dabomb ist bei ihm und ich bin echt, froh, dass die beiden bei mir railen. Sie haben ein Schild mitgebracht:
Wir plaudern ein wenig und freuen uns. Good times. Dann geht es weiter und ich eile zu meinem Seat zurück. Phil und Keith labern immer noch und das Gespräch wird intensiver. Phil redet davon, warum er der beste Spieler der Welt ist und Keith spielt. Eine ESPN-Kamera kommt vorbei und die beiden lechzen förmlich danach, dass man sie filmt. Zu diesem Zeitpunkt macht El Nino das einzige Foto von mir und Hellmuth an einem Pokertisch:
Ein anderer Spieler busted und wir bekommen einen Neuen an den Tisch. Der Typ ist ein Homegame-Held irgendwo aus dem Mittleren Westen. Er ist nett. Die Kamera und die Mikrophone verschwinden und nur noch wir “Chickens” sind am Tisch.
Phil und Keith labern noch und es geht darum, wer wem die Chips wegnimmt und wer mehr Leute busten kann. Zwischen zwei Händen lehnt sich Jimmy zu mir und flüstert: “Mit wem zum Teufel reden die eigentlich?” Ich muss lachen und folde für ca. eine Stunde weiter.
Ich weiß nicht, warum Hellmuth am Tisch so ein Großmaul ist. Es gibt aber Methode in diesem Wahnsinn. Zu diesem Zeitpunkt habe ich geschlagene 22 Stunden an einem WSOP-Tisch gesessen und genau eine Hand, nämlich die Pocket-Jacks von Jimmy am Ende von Tag 2 offen gezeigt gesehen. Ich meine damit, dass kein Spieler nach einem Bluff zeigt, keiner zeigt seine Monster. Jeder spielt straight und Hände, die nicht gezeigt werden müssen, werden einfach nicht gezeigt.
Als aber Phil Hellmuth zu uns kam, wurde alles anders. Plötzlich wollten alle ihre Hände zeigen. Phil schaute einen Typen nur an und schon zeigte er ein Set nach einer gewonnenen Hand. Phil zeigt seine vier Karo plus einen Gutshot, nachdem er auf dem Turn gefoldet hat. Der andere zeigt wie auf Kommando Top-Pair-Top-Kicker. Ich weiß nicht, was Phil genau macht, ich weiß nur, dass ich nie zuvor hier so viele Hände gesehen habe.
Dann kommt folgender Spot: Phil Hellmuth raist aus Early-Position. Der Homegame-held threebettet ihn aus Late-Position. Phil überlegt eine Minute und foldet. Dann spricht der Meister: “Das ist OK. Ich muss nicht versuchen, jede Hand zu gewinnen. Ich sage euch aber, was ein Weltmeister tut. Ein Weltmeister kommt wieder in die gleiche Situation und dann hat er Kings.” Der Dealer gibt Karten. “Das macht einen wahren Champ aus, wenn du denkst, du hast ihn, kommt er mit AA oder KK zurück. Bam, und dann war es das für dich. Es ist aus.”
Phil schaut in seine Karten, hält den Mund und erhöht. Keith schaut nun in seine Karten und macht nach einigen Sekunden eine Threebet. Der ganze Tisch lacht. Jetzt ist es also soweit!!! Zu mir wird gefoldet. Ich schaue in der Big-Blind in meine Karten und sage: “Ich bin all-in.” Ich pushe hunderttausende Chips in die Mitte, lege meinen Kopf auf die Hand und friere wieder ein.“Verdammt nochmal”, sagt Hellmuth und schmeißt weg.
Die Action ist jetzt bei Keith. Er überlegt lange. Er versucht es mit reden: “Was zum Teufel kannst du haben?” Ich sitze emotions- und bewegungslos da. “Du weißt, ich habe hier eine HAND, oder?” Ich bewege mich nicht. “Hast du Asse?” Ich schaue ihm in die Augen und sage: “Nein.” Der Tisch lacht. Ein Typ am anderen Ende sagt, dass ich nicht über meine Hand sprechen darf, die Hand deswegen tot sei. Ich antworte nicht.
Keith: “Was geht hier ab? Kann bitte jemand bei mir ‘Clock’ sagen. Echt jetzt. Einer muss ‘Clock’ sagen, bevor ich jetzt etwas ganz Blödes mache.” Ich wende mich zum Dealer und sage: “Clock”
Keith sagt “Danke” und schmeißt seine Karten auf den Muck. “Ich habe gerade Queens gefoldet. Ich hätte sogar Kings in diesem Spot gefoldet. Du bist so tight. Du musst mir einfach sagen, was du hattest.”
Ich staple still meine Chips.
Fortsetzung morgen.
Hier der Link zum Thread bei twoplustwo.com
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 04.08.2010.