Und weiter geht das WSOP-Logbuch. Unser Held KurtSF hat jetzt offiziell einen Deep-Run beim 1.500er WSOP-Turnier und das bringt viel Freude aber auch so manche Probleme mit sich. Lesen sie heute, wie Tag 2 ausklingt.
Viel Spaß:
Die geile Tussi am meinem Tisch fliegt raus. Sie war die letzte Frau im Event. Jetzt sind wir nur noch Kerle. Das Gerücht geht um, dass wir spielen, bis nur noch drei Tische übrig sind und dann aufhören und den Tag beenden.
Um 1.00 Uhr Nachts kommt die Ansage, dass wir nur noch 27 Spieler sind – drei Tische. Die Floorleute gehen herum und verteilen Tüten für die Chips. Ich bin nicht der Einzige, der denkt, dass es das für heute gewesen ist.
Dann kommen aber neue Seating-Assignments und es wird uns mitgeteilt, dass wir spielen bis nur noch 20 Spieler übrig sind. Ich komme an den featured Table und Phil Hellmuth ist auch da. Der Tisch ist etwas erhöht und neben dem eigentlichen Turnierraum. Es gibt Tribünen für die Zuschauer. Ich setze mich und hinter mir sitzt Phil Hellmuth. Toll, ich spiele und zu meiner Linken sitzt Phil himself.
Dann nimmt er aber seine Chips und packt sie in eine Tüte. Der große Phil H. muss den featured Table verlassen und unten mit den “Plebejern” spielen. He, he.
Auch Jimmy, der Australier, ist bei mir am Tisch im Seat 7. “Hey Jimmy!” Ich kenne sonst keinen. Es dauert eine Weile, bis der Turnierdirektor jeden dort hat, wo er ihn haben will und dann geht es los. Für mich heißt das: weiterfolden. Ich bin zu fertig zum reden und folde mich weiter durch.
Für die Unterhaltung sorgt ein Typ in Seat 1. Ich kenne seinen Namen nicht, würde ihn aber wiedererkennen. Er labert zuerst mit dem Typ in Seat 3 und die beiden tauschen ihre Online-Nicks aus.Seat 1 quatscht einfach jeden an. Alle sind offen und irgendwie gibt es keine Geheimnisse mehr. Alle sind zu fertig und zu glücklich um sich noch groß zu verstellen. Einige sind auch einfach nur nett.
Seat 2 ist ein Geschäftsmann aus Israel und heißt Saar. Seat 6 lebt davon, in St. Lois ein “juicy” Homegame zu crushen. Seat 7 klinkt sich in die Unterhaltung ein und nennt ebenfalls seinen Online-Nick. Seat 9 ist Keith. Jeder am Tisch scheint ihn zu kennen und alle nennen ihn “Cheesemonster”. Er spielt Highstakes auf Full Tilt und hat auch schon ein Bracelet. Das habe ich später herausgefunden.
Ich sitze nur da und höre zu. Ich will lieber keine Informationen preisgeben. Ich weiß nicht, ob das Strategie ist oder ob ich einfach keine Lust auf sprechen habe. Wollt ihr wissen, wer ebenfalls still ist? Jimmy. Jetzt sind wir plötzlich die Stillen. Vorher war es umgekehrt. Ich bin der Short-Stack am Tisch und so sitze ich einfach nur in meinem Zen-Fold-Modus. Stacks, Position, Reads, Ranges, Hände und Entscheidungen. Ihr erinnert euch. Ich warte auf Spots. Der nette Typ im Seat 1 ist der andere Short-Stack.
Irgendwann wird zu ihm auf dem Button gefoldet und er pusht. Saar in der BB callt. Devin geht sofort raus und Seat 1 deckt AK auf. Schöne Hand aber Saar hat AA und das Board ändert nichts mehr. Seat 1 ist aus dem Turnier. Jetzt bin ich der einzige Short-Stack am Tisch. Ich bekomme eine Hand zum pushen aber ein Typ in Middle-Position hat leider schon erhöht. Ich folde. Die Big-Stacks meiden die Konfrontation und tänzeln umeinander herum. Niemand will in dieser Phase einen “Big-Bang”.
Schließlich folden vier Spieler zu mir und ich pushe mit 99 all-in. Meine M ist unter 5, ein absoluter no-brainer. Einer in den Blinds callt. Das könnte es für mich gewesen sein. Ich drehe meine Neunen um und stehe auf. Der Gegner hat Sechsen. Ich nicke. Der Dealer legt den Flop und ich scanne fieberhaft nach einer Sechs. Ist aber keine dabei. Turn und River. Auch keine Sechs. Gewonnen.
Jetzt habe ich wieder über 200k in Chips. Puhh. Luft zum Atmen. Meine M ist immer noch unter 10 aber in mir ist noch Leben.
Die Blinds gehen hoch auf 6.000/12.000 mit 1.000 Ante. Das zieht rein und meine Stack wird quasi minütlich kleiner. Wir sind im letzten Level des Tages. Ich will nicht weiter weaktight sein und mich in Tag 3 folden. Ich bin aber card-dead und deswegen bleibt mir nichts anderes übrig.
Am Tisch sagt einer, dass wir insgesamt nur noch 25 Spieler sind, weil einer an einem anderen Tisch rausgeflogen ist. Genau wie gestern zehn Minuten vor Ende, wird eine zufällige Nummer zwischen 1 und 10 gezogen und so viele Hände werden noch gespielt. Sie ziehen eine Drei. Drei Hände noch. Ich bin in Middle-Position. Sofern ich kein Monster auf die Hand bekomme, ist der Tag für mich gelaufen. Ich zähle schon mal meine Chips.
Die erste der restlichen drei Hände folde ich. Ein Spieler in Late-Position klaut die Blinds.
Die zweite Hand folde ich. Die Big-Blind gewinnt uncontested.
Die dritte Hand folde ich ebenfalls. Ich bin in Tag 3! Ich höre Jimmy hinter mir laut seufzen und weiß genau was passiert ist. Ich lächle. Er will folden, seine Hand ist aber einfach zu gut dafür, das kenne ich nur zu genau. Er raist, der Button foldet. Die Small-Blind, Keith, überlegt und erhöht schließlich. Die Erhöhung ist fast Jimmies halber Stack. Die Big-Blind geht raus.
Jetzt muss Jimmy sich entscheiden. Riskiert er sein Turnierleben oder ist er eine Pussy und kommt sicher in den dritten Turniertag. Die Entscheidung zerfleischt ihn innerlich und er tut mir unendlich leid. Einer am Tisch scherzt: “Zeigst du wenn ich folde?”
Das lockert die Stimmung, auch die von Jimmy. Er lacht und sagt: “Auf keinen Fall! Ich wollte ihn bitten, dass er NICHT zeigt wenn ich folde.” Er wendet sich an Keith: “Bitte zeig nicht. Bitte.” Jimmy schmeißt zwei schwarze Jacks auf den Muck. Keith gehorcht und versteckt seine Karten dezent im Muck. Dann zählt er seine gewonnenen Chips.
Ich bin völlig erschöpft und aufgewühlt. Irgendwie schaffe ich es aber, selber meine 177k in die Tüte zu packen. Ich hole mir meine Platzkarte für den nächsten Tag und suche pfabpfab. Ich will ihn fragen, ob er mich ins Hotel fahren kann. Selber fahren geht momentan nicht.
Ich treffe pfabpfab. Genau wie ich der “Cashgame-Typ” bin und er der “Turnier-Typ” ist, bin ich auch der “Online-Typ” und er der “Live-Poker-Typ”. In Wahrheit sind wir in allen Bereichen ganz gut, die Aufteilung funktioniert aber. Ich bin übrigens auch der “Mathe-Typ” und er ist der “Bauchgefühl-Typ”. Egal, er findet mich jedenfalls und ist Feuer und Flamme. Er klopft mir auf die Schulter.
“Heilige Scheiße”, sagt er.
“Ich weiß, ja.”
“Bist du nervös beim spielen?”
“Neee.”
“Wirklich nicht?”
“Nein, echt nicht. Es ist nur Poker und ich habe das Spiel schon mal gespielt.”
Er sagte mir, dass ich am Tisch ausgesehen hätte, als würde ich mich wohlfühlen. Selbstbewusst. Ich erzähle ihm ein wenig vom PokerStars-Pro und wie nervig der Typ war. Auch von meinem geplagten Nacken setze ich ihn in Kenntnis.
Pfabpfab sagt: “Ich denke, deine Live-Poker-Erfahrung ist hier ein Riesenvorteil für dich. Es gibt viele Online-Spieler, die das Spiel kennen aber von den Chips und den vielen Leuten aus dem Konzept gebracht werden. Du kennst das und kannst dich aufs Spiel konzentrieren.” Ich stimme ihm zu.
Wir kommen ans Auto und er fährt mich nach downtown zu meinem Hotel. Auf dem Weg will ich meine Frau anrufen und sehe eine SMS von ihr: “Ich habe gesehen, was du mit dem Wong-Typ gemacht hast und es war toll. Ich bin stolz auf dich und liebe dich!!!”
Ich weiß nicht, wen sie mit “Wong-Typ” meint aber trotzdem fühle ich mich irgendwie schuldig. Ich mache mir klar, dass es 4.00 Uhr morgens ist und verschiebe den Anruf auf den nächsten Tag. Ich mache stattdessen einige Twitter-Updates und lese einige Feeds. Ich habe jede Menge Nachrichten und Leute, die mir Glück wünschen. Ich checke noch meine Emails und schreibe meiner Mutter, dass ich Tag 3 erreicht habe.
Zurück im Hotel versuche ich zu schlafen. Die Betonung liegt auf versuche. Ich kann einfach nicht einschlafen. Ich bin viel zu aufgekratzt. Mein Gehirn läuft auf vollen Touren und ich sitze einfach nur im Dunkeln, knallwach und schaue in den Weltraum. Und das für geschlagene zwei Stunden. Irgendwann nach 6.00 Uhr drifte ich in den Schlaf.
Fortsetzung morgen.
Hier der Link zum Thread bei twoplustwo.com
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 02.08.2010.