Dass ich Costa Rica und Poker-San-Jose liebe, habe ich ja schon hinreichend beschrieben. Doch neben den Annehmlichkeiten der Casinos und des Zaungastpersonals sind es natürlich die Spieler, die einen Ort zu etwas besonderem machen.
In San Jose trifft man sie reihenweise. Hauptsächlich hat das mit der geografischen Lage zu tun. So trifft man hier viele USA-Aussteiger, die entweder ihr Schäfchen seit Jahren im Trockenen haben, pensioniert sind oder sich schlicht als Pokerprofi in der Sonne Costa Ricas etablieren wollen. Wenn man mehr als eine Woche mit Spielern zusammensitzt, hat man ja Zeit, sich ein Bild zu machen.
Also hier, stellvertretend für alle Schillernde an den Tischen dieser Welt, nun eine Huldigung an die wilde Truppe des “Del Rey”. Einer meine Lieblinge war „Sleeping Garry“. Der Mann, Ami, sitzt jeden Tag am Tisch und jeden Tag schläft er dort ein. Und zwar in jeder Hand ab 21 Uhr. Kein Wort wird in den Casinos von San Jose so oft gesagt wie: „Gaaaaarrrryyyy!“. Dann wacht er auf, checkt, raist oder foldet und schläft bis zu seinem nächsten Weckruf sofort wieder ein.
Ein ganz anderer Typ ist John, Ami. Er ist der superpenible Typ, analfixiert und knochentrocken. Er stellt nicht, sondern er legt seine Chips in Fünferreihen vor sich hin und alle Schriften sind zur Tischmitte ausgerichtet, um das Glück anzuziehen. Ein total netter Buchhaltertyp mit zwei Freundinnen, die zusammen sein Alter haben. Aber am Tisch der totale Korinthenkacker.
Tony, Costa Rica, der alternde Lebemann und Playboy mit Cowboyhut. Ich liebe seinen Stil und seinen Humor. Der Mann hat 18 Straßenhunde aufgenommen und spricht gern über sie. Aber viel lieber mit all den alten süßen Sünden, die er ständig im Del Rey begrüßen geht. Ein Bluffer vor dem Herrn und „Mister Pura Vida“.
Der verrückte TonyQuelle: carstenweidling.de
Dann gibt es natürlich Bob. Dr. Bob, Ami, Chef des Pokerraumes und ständiger Zigarrenstummelkauer. Er schreibt an einem Pokerregelbuch und liebt es, allen irgendeine Regel bis ins letzte Detail zu erklären.
Ein mächtiger Typ war auch „Skinny Boy“, Costa Rica. Der Mann wiegt sicher 150 Kilo und schmeißt sein Handy einfach immer oben in sein Poloshirt rein. Weiß er doch, dass es sowieso nach drei Zentimetern auf der ersten Rolle hängen bleibt und so immer gut erreichbar ist.
Frauen habe ich in all den Tagen nur drei am Tisch gesehen. Eine davon: Die totale Sexbombe aus Costa Rica, deren Namen ich mir einfach nicht merken konnte. Sie sieht aus, als wäre sie total brutal unterwegs. Im Leben, im Bett, am Pokertisch. Aber sie foldet KK auch mal auf einem Rainbow-Board von 478, weil sie Straßen befürchtet. Wie Optik doch täuschen kann.
Ihr Ex-Freund, auch aus Costa Rica, ist da anders. Er hat an einem Abend so wütend auf den Tisch geschlagen, dass er den ganzen Restabend mit einer hängenden Rechten spielte und zwei Tage später mit Gips auftauchte. Köstlicher Ausbruch.
Dann gibt es da noch Scotty. Der supersympathische Amerikaner mit dickem Schnauzbart sagt, er braucht 1.500 Dollar im Monat zum Leben, was sparsam ist. Und die müssen vom Pokern kommen. Doch er spielt so supertight, dass, wenn er raist, die meisten folden. Was es schwer macht, an die besagten 1.500 Dollar zu kommen.
Dann war da noch Roland. Oder Rolando, wie er sich hier nennt. Ein netter Typ aus Bremen, der seine Kneipen verkauft hat und gerade im Begriff ist, ganz nach Costa Rica zu ziehen. Er spielt schwach, denkt aber, er ist der einzige Nichtfisch am Tisch. Und das an einem Tisch mit lauter Berufsspielern geht schon mal schief. Ich hoffe, er muss nicht zurück und irgendwo kellnern, wenn er weiter so spielt. Denn nett und wirklich kommunikativ in drei Sprachen ist er. Wenn ihr ihn sucht, das ist der mit den laaaaaangen roten Haaren und der „Gold-Daytona“.
Patricia aus San Jose halt…Quelle: carstenweidling.de
O.K., zwei noch. Victor und Nixon. Victor ist ein Beter aus Costa Rica. Ein Mann der bis zum Schluss zahlt, weil er ja nur noch auf die Pik 3 warten muss, oder so. Mein Lieblingssatz von ihm, nachdem er einen 170 Dollar-All-in-Call in einen 150 Dollar Pot für die Riverkarte bezahlt hatte und nichts hatte, war: „I was waiting for the 10!“ Klar, sind auch bis zu vier davon im Spiel. Nixon ist ein Komiker. Der Engländer ist kaum größer als eine Parkuhr aber immer laut und schrill. Ich nannte ihn Honey, weil er so süß klingt. Er kommt an den Tisch, schmeißt für seine beiden neuen deutschen Freunde eine Flasche guten Weines und zockt, bis einem die Augen bluten. Noch nie habe ich mit so viel Gelächter Geld eingesammelt. Ihr trefft ihn übrigens auch oft im Hotel Clairon, dessen Chef er ist.
So, ich wollte nur mal kurz ein paar der netten Typen und Reisebekanntschaften von San Jose vorstellen, um mal wieder deutlich zu machen, wie wunderbar doch Poker sein kann. Und ich verspreche, wenn ihr hinfahrt und mindestens drei Tage pokert, habt ihr sie alle getroffen. Ihr werdet riesigen Spaß mit diesen netten und witzigen Typen da draußen in der Welt haben. Grüßt die Jungs von mir und zum Geier weckt ja Garry auf: „Gaaaaaaaarrrrryyyyyy!
Euer Carsten Weidling on Tour
PS: Quiz – Welcher davon bis du? Oder welchen von denen hast du in einer deutschen Variante schon neben dir gesehen?
Wer mehr über Carsten und seine Weltreise erfahren möchte, kann gern auf www.carstenweidling.de nachlesen.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 08.05.2010.