Warnung: Alle, denen das Pokern ausschließlich als Einkommensaufbesserungsversuch bekannt und lieb ist, sollten hier das Lesen einstellen. Denn es kommt nicht ein Euro oder Dollar vor. Nicht einmal ein Botswanischer Pula.
Aber mittlerweile dürfte ja dem geneigten Leser meiner kleinen Geschichten aufgefallen sein, dass es mir beinahe immer mehr um den Spaß geht, den man bei unserem geliebten Spiel haben kann. Und so war es auch in Botswana. Ich war mit einer kleinen Reisegruppe von Sambia über Botswana und Namibia bis Südafrika unterwegs. Die lustige Truppe setzte sich aus Reisenden aus Australien, den USA, Deutschland, England, Korea und Kanada zusammen.
Und wie sich herausstellen sollte, waren einige Pokerfans mit dabei. Und so ergab es sich, als wir so ziemlich jeden Springbock gesehen zu haben schienen, dass wir uns um das allabendliche Lagerfeuer reihten und ich meine Reisekarten auszupacken hatte. Was soll ich sagen, versuchen Sie einfach auch unbedingt mal, in einer solchen Atmosphäre zu pokern. All die oberplüschigen und mit Messing vollgestopften Casinos von Las Vegas bis Macao können nicht bieten, was ein Lagerfeuer im Okavango Delta schafft. Und egal, wie groß die Horde der Lichtdesigner ist, die sämtliche Casinounterhangdecken mit Scheinwerfern und Leuchtdioden verziert, sie kann nicht schaffen, was der unfassbare Sternenhimmel über Afrika schafft.
Die Mitreisenden in der Steppe von BotswanaQuelle: carstenweidling.de
Zum Spiel. Da war zunächst Fiona aus Australien, die sich auch sonst auf der Safari als veritable Irre präsentierte und immer einen Schritt näher an wilde Tiere gehen musste als jeder andere. Wie nicht anders zu erwarten, setzte sie unverzagt jedes noch so große Stöckchen auf jede noch so träumerische Hand.
Dann war da Johann, der Geografielehrer aus Kanada. Die ganze Reise über versuchte er allen anderen klarzumachen, dass es nur noch in Kanada richtige Männer gibt und gerade alles US-amerikanische und Europäische dem Testosteronüberschuss eines normalen Kanadiers nichts entgegenzusetzen hat. Mal ganz davon abgesehen, dass er bei einer Dünenquerfeldeintour der erste war, der aus dem Jeepfenster kotzte, so war er auch beim „harten Kampf“ ums botswanische Stöckchen so sehr dem Risiko verpflichtet, dass er bei jeder Pinkelpause heimlich Holz sammeln war, um nachzuladen.
Die Railbirds von BotwanaQuelle: carstenweidling.de
Die beiden US-Girls, derentwegen wir auch immer mal ein paar Stud-Spiele einstreuen mussten, waren bei jedem gewonnen Pot so laut, dass wir sicher sein konnten, dass sich Leopard und Elefant aus Angst der nächtlichen Pokerrunde fernhielten. Alles in allem haben also sämtliche Stöckchenspieler mal wieder versucht, sämtliche Klischees ihrer Länder zu erfüllen.
Und ich als Deutscher? War ich erwartungsgemäß arbeitsam, fleißig, genau und pingelig? Nein. Es war einfach eine schrille Nacht mit viel Südafrikanischen Pinotage, einem prasselnden Lagerfeuer, das wir gegen Ende der Partie mit unseren Gewinnen weiter anfeuern mussten, und dem, was ich am Pokern am meisten liebe: Spaß und Gespräch.
Nun ja, und diese beiden Spielziele sind auch wirklich einfach zu verfolgen, wenn man nicht über einen Stapel Chips und Scheine nachdenken muss, sondern zum Raise einfach hinter sich greift und ein weiteres botswanisches Stöckchen in den Pot direkt unter der Milchstraße wirft.
Euer Carsten Weidling on Tour
Wer mehr über Carsten und seine Weltreise erfahren möchte, kann gern auf www.carstenweidling.de nachlesen.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 17.01.2010.