23 Millionen US-Dollar, etwa ein Prozent des Weltmarktes, verdienten die Online – Poker – Anbieter im vergangenen Jahr in Deutschland. Foto: DPA
Die Online-Poker-Branche boomt. Allein in Deutschland konnte sie im vergangenen Jahr 23 Millionen Euro umsetzen, das Wachstum lag nach Schätzungen bei mehr als 50 Prozent. Doch dabei umgehen die Firmen das Gesetz, denn Internet-Poker ist hierzulande verboten.
82 Millionen US-Dollar (64 Millionen Euro) – um soviel Geld wurde im vergangenen Sommer bei der “World Series of Poker”, der Königsklasse der Poker-Turniere, in Las Vegas gespielt. Zwölf Millionen davon gingen allein an den Sieger, Jamie Gold. Poker spielen lohnt sich also. Wer das Spiel beherrscht, das beweisen zumindest die immer gleich besetzten Spitzenplätze in den Ranglisten, kann davon leben und sogar reich werden. Seit einigen Jahren steht dieser Weg nicht mehr nur Kasino-Besuchern offen. Poker-Tische stehen auch im Internet. Online-Poker wird immer beliebter und damit zum lukrativen Geschäft.
Hohe Wachstumsraten
Mehr als 8000 Teilnehmer spielen jedes Jahr bei der World Series of Poker. Der Sieger bekommt einen großen Millionenbetrag. Foto: DPA
Die Wachstumsraten in diesem Bereich werden in den nächsten Jahren bei 40 bis 50 Prozent liegen”, sagt Michael Schmid von der Berliner Unternehmensberatung Goldmedia. Weltweit wurden im vergangenen Jahr drei Milliarden US-Dollar (2,3 Milliarden Euro) umgesetzt. Geld, das überwiegend in den Steueroasen Gibraltar, Costa Rica und der Isle of Man mehr oder weniger versteuert wird. Denn das Geschäft mit dem Online-Glücksspiel ist in vielen Ländern verboten, auch in Deutschland. “Jeder, der ein Glücksspiel, bei dem um Geld gespielt wird, öffentlich anbietet und dafür keine staatliche Erlaubnis hat, macht sich strafbar”, sagt der Berliner Rechtsanwalt Martin Bahr, der sich auf Glücksspielrecht spezialisiert hat. Da es hierzulande keine Firma mit einer entsprechenden Genehmigung gibt, darf also nur in den staatlich konzessionierten Kasinos um Geld gepokert werden. Auch das Internet als öffentlicher Raum ist tabu.
Ratlosigkeit bei den Strafverfolgungsbehörden
Was ist Online-Poker?: Ähnlich wie in einem Chat-Raum kommen die Spieler über verschiedene Zugangsprogramme in den so genannten “Poker-Räumen” zusammen. Die Karten werden per Zufallsgenerator verteilt. Die Anbieter verdienen über Anteile am “Pot” oder Teilnahmegebühren von Turnieren. Abgerechnet wird in der Regel per Kreditkarte. In Deutschland ist das Online-Glücksspiel verboten. Es gibt aber abgespeckte Software-Versionen, wo nur um Spielgeld gespielt werden kann.Dessen völlig ungeachtet floriert der Online-Poker-Markt auch in Deutschland: 23 Millionen Euro, etwa ein Prozent des Weltmarktes, konnten die Poker-Firmen nach Schätzungen der Münchner Unternehmensberatung MECN von Spielern in Deutschland kassieren. Die Behörden bleiben untätig, auch weil sich keiner wirklich zuständig fühlt. Zu zerfasert sind die Kompetenzen zwischen Bund und Ländern. Bei keinem scheint das illegale Online-Glücksspiel ein Thema zu sein. “Darüber ist mir nichts bekannt”, erklärte ein Pressesprecher im bayerischen Innenministerium auf Anfrage. Bayern hat derzeit den Vorsitz in der Innenministerkonferenz inne. Auch dem Bundesinnenministerium ist das Thema “Pokern im Internet” völlig neu. Stichproben bei Staatsanwaltschaften ergaben das gleiche Bild. Im Moment seien für de Justiz nur die Sportwetten ein Thema, sagt Rechtsanwalt Martin Bahr. Selbst wenn der Staat aktiv werden wollte, er hätte es schwer. “Die Unternehmen arbeiten in ihrer Heimat, wie zum Beispiel auch Großbritannien auf völlig legaler Grundlage”, sagt Michael Schmid von Goldmedia. “Ich sehe nicht, wie man die zwingen soll, keine deutschen Spieler mehr anzunehmen.” Und so halten Betreiber wie “Pokerstars”, “Partypoker” oder “Everest Poker” heimlich Einzug in Deutschland.
Poker-Firmen werben im Fernsehen
Trotz des Glücksspielverbots wird in Deutschland für Online-Poker geworben. Foto: DPA
Seitdem Sender, wie das Deutsche Sportfernsehen (DSF), zur besten Sendezeit von den großen Poker-Turnieren berichten, steigt in Deutschland das Interesse am Spiel. Die Einschaltquoten liegen bei durchschnittlich 200.000 Zuschauern – für das DSF ein relativ hoher Wert. “Poker trifft den Nerv der Zeit”, meint DSF-Sprecher Fabian Schiffer. “Die Protagonisten sind Menschen wie du und ich. Das macht das Spiel so interessant fürs Fernsehen.” Und damit auch für die in Deutschland illegalen Online-Poker-Anbieter, die während der Sendung kräftig Werbung schalten. Dabei werben sie jedoch nicht für ihre Geldspielseiten, sondern für abgespeckte, auf den deutschen Markt ausgerichtete Versionen, bei denen nicht um Geld gespielt werden kann.
Das ist aber auch der einzige Unterschied. Äußerlich sehen die Geldspiel- und Spielgeld-Seiten fast identisch aus, vereinzelt sind beide sogar untereinander verlinkt. Nach Recherchen von tagesschau.de werden Spieler auch explizit aufgefordert, auf die Geldspielversion umzusteigen. Die Poker-Firmen versuchen so, das Werbeverbot für Glücksspiele in Deutschland zu umgehen, so MECN-Direktor Martin Oelbermann. “Die Betreiber wissen genau, dass es von der einen zur anderen Webseite nur ein kleiner Schritt ist”, sagt er. “Hier geht es klar darum, den eigenen Namen mit Pokern in Deutschland in Verbindung zu bringen und Kunden zu gewinnen.”
Marktzahlen: Spieleinsatz weltweit
2005: 47 Milliarden Euro2003: 11 Milliarden Euro
Umsatz weltweit
2005: 2,3 Milliarden Euro2003: 470 Millionen Euro
Marktanteile
USA: Etwa 90 ProzentEuropa: Acht Prozent (Deutschland etwa ein Prozent)
Quelle: www.tagesschau.de Von David Meiländer für tagesschau.de
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 22.09.2006.