Während meines Urlaubs erfuhr ich vom überraschenden Tod Soraya Homams, die ich seit 2008 näher kannte und die für mich nicht nur eine der respektvollsten Personen in der Pokerszene war. Unsere engere Bekanntschaft begann, als ich sie nach dem Gewinn der Damenweltmeisterschaft in ihrer Wohnung nahe Frankfurt für ein Interview besuchte und ich berauscht von so viel Gastfreundschaft und Lebenserfahrung wieder den Heimweg antrat.
Fortan blieben wir in teils engem, teils losem Kontakt, ich betreute sie als Kolumnistin von PokerOlymp und erlebte sie als Live-Spielerin u.a. bei der Deutschen Pokermeisterschaft oder den PokerOlymp Open IV Anfang 2009, bei denen sie zweimal den Finaltisch erreichte.
Soraya Homam zählte zu den deutschen Pionieren des Pokersports und viele haben mit ihr an einem Tisch gesessen, doch wirklich kennen gelernt haben diese Grande Dame des Pokerspiels vermutlich nur wenige. War ihr Pokermotto „Homam is my name, Omaha my game“ noch eine humorvolle Liebeserklärung an ihre bevorzugte Variante, so verbarg sich hinter der Pokerspielerin Soraya Homam auch eine Frau, die schon in ihrer Kindheit gegen die Bevorzugung männlicher Mitschüler in bestimmten Bereichen angekämpft hatte und gerade in den vom anderen Geschlecht dominierten Disziplinen den Reiz fand, der ihren Ehrgeiz anstachelte. So rang sie als Schülerin verbissen um die Aufnahme in die Schulschach-AG und hatte später als Pokerspielerin nicht nur einmal unter dem Sexismus ihrer männlichen Kontrahenten zu leiden.
Dabei blieb Soraya Homam stets großzügig, es ging ihr beim Poker nicht vorrangig um Geld, sondern um den geistigen Wettstreit und nicht zuletzt darum, jederzeit Fairness zu bewahren. Oft sprachen wir von der „Pokerkultur“ und ich kenne nur wenige Spieler, die diesen Begriff so ernst nahmen wie Soraya Homam, die sich mit anderen Spielern gegenseitig siezte, am Tisch stets die Etikette respektierte und sich nie zu einer Unsportlichkeit hinreißen ließ.
Die Aufnahme in das Team Full Tilt bedeutete Soraya Homam sehr viel und sie begriff diese als Ehre und Verantwortung zugleich. Sie hatte in der männerdominierten Disziplin Poker das geschafft, was nur wenigen vorbehalten ist, und zeigte auch darin ihre ganze Leidenschaft für das von ihr geliebte Spiel und ihre Auffassung von diesem als Stätte der menschlichen Begegnung. Sie bloggte äußerst oft und kommunizierte viel mit den Spielern, die an ihren Tischen landeten. Die Freundschaft, die sich daraus mit dem krebskranken Pokerspieler Kevin aus England entwickelte, ist etwas, worauf Soraya Homam zurecht stolz war. Sie organisierte für ihn vor der entscheidenden Operation ein Abschiedsturnier und als er die Operation überstanden hatte, bekam er auf ihre Initiative hin einen eigenen Tisch.
Soraya Homams Leben war auch geprägt von einer schwierigen Kindheit und Schicksalsschlägen, wie dem Freitod ihres Bruders Reza im Jahre 2006. Auch das Frühjahr 2011 hielt einen schweren Schlag für sie bereit.
Das deutsche Poker hat mit dem Tod Soraya Homams nicht nur eine Spielerin der ersten Stunde verloren. Sie war eine glänzende Botschafterin und eine unvergessliche Persönlichkeit.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 26.09.2011.