Citius, altius, fortius – dieses olympische Motto gilt für den amerikanischen Pokerspieler Andrew ‘azntracker’ Li ganz besonders. Schon im Februar sicherte sich der 25-Jährige erneut den Status Supernova Elite und stellte damit einen neuen Geschwindigkeitsrekord auf. Li gab dem amerikanischen Cardplayer ein Interview, das wir unseren Lesern als Wochenendlektüre in deutscher Sprache präsentieren wollen:
Cardplayer: Erzähl uns zunächst bitte, wie Du zum Poker gekommen bist.
Andrew Li: Die Anfänge meiner Pokerkarriere sind pures Klischee. Als Chris Moneymaker die WSOP gewann, war ich an der High School und fing Feuer. Ich wusste, dass es Internetpoker gibt, zahlte aber noch nicht sofort ein. Eine Weile gurkte ich mit Spielgeld rum und merkte, dass manche Leute Spielgeldchips auf Ebay kauften. Der Kurs lag damals etwa bei 30 Dollar für 1 Million Chips. Ich erspielte mir etwa 10 Millionen Chips und zahlte den Erlös auf verschiedenen Seiten ein, um Boni zu ergattern.
Nachdem ich alle freigespielt hatte, besaß ich eine Bankroll von etwa 1.000 Dollar und fing an, Sit `n Gos zu spielen. Ich hatte mich ein wenig mit Cashgames abgemüht, erkannte aber schnell, dass Sit `n Gos besser zu mir passten. Es dauerte Monate, bis sich meine Bankroll langsam vergrößerte und ich in den Limits aufstieg. Ich erinnere mich noch an das 100 $- Sit `n Go, das ich spielte. Ich schied schließlich aus und war eine Zeitlang ziemlich niedergeschlagen. Seitdem hat sich aber einiges geändert.
Cardplayer: Der erste Supernova Elite war Bertrand Elky Grospellier im Jahr 2007, als 39 Spieler diesen Status erreichten. Du hast das zum ersten Mal 2008 geschafft und seitdem ist diese Zahl auf 342 im Jahr angewachsen. Wie wird man Supernova Elite und wie viel kann ein Break-Even-Spieler an Boni gewinnen?
Andrew Li: Beschäftigt man sich erstmals mit diesem Bonus-Programm, kann es leicht passieren, dass man von den vielen Zahlen und Klauseln überfordert ist. Vereinfacht könnte man sagen, dass Supernova Elite der höchste Rang bei PokerStars ist und man ihn erreicht, indem man in einem Kalenderjahr 1 Million VPPs erspielt. Hat man dies geschafft, kommt man in den Genuss vieler Vorteile, die andere Spieler nicht haben. Zunächst gibt es einen Geldbonus von 20.000 Dollar, aber der größte Vorteil ist, dass man für jeden erspielten VPP einen Multiplikator von 5 für die FPPs bekommt, die die meisten Spieler direkt in Geld umwandeln. Andere verwenden sie für Buy-Ins oder Elektronik-Artikel oder wie im berühmten Fall von Dario Minieri für einen Porsche.
Beginnt man das Jahr als Supernova Elite, behält man den Multiplikator und wenn man es wieder schafft, bekommt man mindestens 129.600 Dollar. Selbst ohne den Multiplikator zu Beginn des Jahres ist dieser Status aber ungefähr 105.000 Dollar wert. Ich selbst spiele weniger, seit ich im Februar wieder Supernova Elite wurde. Gelingt es mir aber, den Rekord von 3.055.385 VPPs, den Kevin “WizardOfAhhs” Thurman aufgestellt hat, zu brechen, bekomme ich dafür etwa 350.000 Dollar.
Cardplayer: Was ist die beste Methode, um VPPs zu erspielen? Cashgames oder Sit ´n Gos?
Andrew Li: Bei Cashgames ist das maximale Rake 3 Dollar, ganz gleich, wie groß der Pot ist. Die VPPs werden unter den Spielern am Tisch aufgeteilt. Bei Sit ´n Gos beträgt das Rake zwischen 8 und 10 Prozent und man muss die VPPs mit niemandem teilen. Ein Sit ´n Go mit einem Buy-In von 100 Dollar kostet 9 Dollar Rake, das sind 47,5 VPPs. Spiele ich 40 Tische gleichzeitig, kann ich pro Stunde etwa 3.000 bis 4.000 VPPs erspielen. Selbst wenn ein Cashgame-Spieler in jeder Hand das maximale Rake erreicht, kommt er nicht annähernd in diese Regionen.
Viktor “Isildur1” Blom begann dieses Jahr mit 5.000 Dollar-Heads-Up-Sit ´n Gos und spielte sechs Tische gleichzeitig. Jedes Turnier bringt 550 VPPs, das bedeutet, ich hätte ihn nie einholen können, wenn er sie weiter gespielt hätte. Zum Glück merkten seine Gegner, wie stark er ist und spielten nicht mehr gegen ihn. Danach wechselte er wieder zum Cashgame und erlaubte mir damit, ihn zu überholen und den Rekord aufzustellen.
Cardplayer: Gewinnst Du außer den Boni auch Geld an den Tischen?
Andrew Li: Da ich so viel und 40 Tische gleichzeitig spiele, schaffe ich in der Phase, in der ich meinen Supernova-Elite-Status wieder erreichen will, vermutlich ein ausgeglichenes Ergebnis. Das restliche Jahr kann ich es etwas lockerer angehen lassen und die Anzahl der Tische reduzieren. Dann gewinne ich schon Geld. Entscheidend ist, bei den teuren Sit ´n Gos zu gewinnen. Gelingt es einem, bei den niedrigeren Buy-Ins positiv abzuschneiden, verliert aber bei den Sit ´n Gos mit 1.000 Dollar Buy-In oder mehr, wird es schwer, langfristig Gewinn zu erzielen. Es braucht seine Zeit, bis man die größeren Verluste wettgemacht hat, aber das ist auch der Grund, warum man so viel spielt.
Cardplayer: Mancher Leser denkt sich womöglich, dass Du außer Poker nichts machen kannst. Was sind deine sonstigen Interessen?
Andrew Li: Mir ist völlig klar, dass ein Außenstehender das Gefühl haben kann, dass ich sieben Tage lang 24 Stunden vor dem Rechner sitze, aber das trifft nicht zu. In Wirklichkeit habe ich viele andere Interessen. Ich fahre gern Ski und Fahrrad und gehe mit meinen Freunden aus. Da ich so viele Tische gleichzeitig spiele, kann ich meine Sessions auf drei bis vier Stunden am Tag beschränken und sogar ein paar Tage Pause einlegen, wenn ich mich ausgebrannt fühle oder wegfahren will. Vermutlich arbeite ich weniger Stunden pro Woche als ein normaler Arbeitnehmer.
Wir danken dem Cardplayer für die Abdruckgenehmigung.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 02.04.2011.