Letzte Woche stellte ich die Taktik des sogenannten kostenlosen Showdowns vor. Die Idee besteht darin, mit Position und einer grenzwertigen Hand auf dem Turn zu raisen und den Gegner zum Call und einem anschließenden Check auf dem River zu animieren, wonach Sie ebenfalls checken und kostenlos zum Showdown gelangen können. Wählen Sie diese Linie anstatt Ihren Gegner einfach herunter zu callen, knöpfen Sie ihm mehr Geld für einen Draw ab und verschleiern zudem die Fälle, in denen Sie tatsächlich eine sehr starke Hand haben.
Kostenloser Showdown bei No-Limit
Ihr Gegner setzt auf dem Turn und Sie raisen mit der Absicht, nach ihm auf dem River zu checken. Allgemein gesprochen sollte Ihr Raise deutlich kleiner als Potgröße ausfallen, da Sie abhängig von den Stacks mit einer Bet in Potgröße womöglich zu viele Chips investieren, um nach einem Reraise die Hand noch aufgeben zu können. Nehmen wir etwa an, Sie haben gegen einen aggressiven Spieler eine Hand von zweifelhaftem Wert. Er setzt auf dem Turn Potgröße und Sie haben noch das Zehnfache in Ihrem Stack. Nach einem Call setzt er auf dem River vermutlich etwas weniger als Potgröße oder checkt. Mit einem Raise auf dem Turn in Potgröße würden Sie bereits mehr Chips investieren als im zuvor beschriebenen Szenario und die Investition vieler Chips ist beim Manöver für den kostenlosen Showdown nicht Ihr Ziel.
Tatsächlich entspricht das Manöver für den kostenlosen Showdown bei No-Limit einer Art präventiver Block-Bet. Callen Sie auf dem Turn 20 $, setzt Ihr Gegner vielleicht weitere 50 $ auf dem River. Raisen Sie jedoch auf dem Turn um 30 $, verzichtet Ihr Gegner häufig auf die 50 $-Bet auf dem River. Es gibt keine „richtige“ Höhe bei einem Raise für den kostenlosen Showdown – manchmal ist ein Minimum-Raise optimal und manchmal sollten Sie etwas mehr setzen, je nach Gegner oder der Vorgeschichte an Ihrem Tisch.
Sie brauchen keine Outs
In der Regel ist es gut, Outs zu haben, aber beim Manöver für den kostenlosen Showdown ist es in der Regel besser, wenn Sie wenige bis gar keine Outs haben, sofern Sie zurückliegen. Oder genauer ausgedrückt, mit Outs werden andere Optionen, die Ihnen garantieren, den River zu sehen, wertvoller. Zum Beispiel hatten wir in der Beispielhand des letzten Artikels 10 10 auf einem Flop mit Q 9 5 . Nach der Blank auf dem Turn, einer 3 , hatten wir weiterhin 2 Outs, wenn wir gegen eine Dame zurücklagen. Nehmen wir an, wir raisen auf dem Turn und werden gereraist. Wir können ziemlich sicher sein, dass unser Gegner nicht blufft und wir auf maximal zwei Outs drawen. Damit liegen unsere Chancen auf eine Verbesserung auf dem River bei weniger als 5 Prozent, wodurch wir nicht viel Equity aufgeben, wenn wir zu einem Fold gezwungen werden.
Wie sähe die Sache aber bei einer 8 auf dem Turn aus? Nun haben wir gegen die meisten besseren Hände sechs Outs, die beiden Zehnen und vier Buben. Liegen wir zurück, ist unsere Equity fast dreimal so groß wie im ersten Beispiel, wodurch ein erzwungener Fold auf dem Turn deutlich teurer wäre. Besser ist daher ein schlichter Call, mit dem wir uns den River ansehen und dort vielleicht erneut callen.
Ähnlich sieht es aus, wenn auf dem Turn die 3 kommt, da wir nun neben den beiden Zehnen auch noch Outs zum Flush in Pik haben.
Das Fazit lautet: Je mehr Outs Sie vermutlich haben und je stärker diese sind, desto wertvoller wird es, die River-Karte zu sehen und desto weniger attraktiv wird es, auf dem Turn zu raisen und auf einen Reraise folden zu müssen. Die meisten günstigen Situationen für ein Manöver für den kostenlosen Showdown tauchen auf, wenn Sie weniger oder gar keine Outs haben.
Behalten Sie die Stackgrößen im Blick
Sie benötigen die richtigen Stackgrößen, um das Manöver bei No-Limit korrekt anwenden zu können. Vor allem zwei Punkte müssen gewährleistet sein.
1. Ihr Raise auf dem Turn darf nicht dafür sorgen, dass Ihr Gegner mit einer Stackgröße zurückbleibt, mit der er bequem All-In gehen kann.2. Ihr Stack muss die richtige Größe haben, damit Ihr niedriger Raise auf dem Turn nicht zu verdächtig wirkt.
Die erste Bedingung bedeutet im Wesentlichen, dafür zu sorgen, dass Ihr Gegner nicht denkt, „Was soll’s, ich gehe All-In.“ Sobald die Stacks eine bestimmte Größe unterschreiten, wenden viele Spieler folgende Logik an. „Wenn ich calle, kann ich auch genauso gut alles in die Mitte stellen. Vielleicht foldet mein Gegner ja.“ Und genau das entspricht Ihrer Absicht bei einem gegnerischen All-In. Der Semi-Bluff-Reraise ist der Ruin des Manövers für den kostenlosen Showdown, daher sollten Sie es nicht versuchen, wenn Ihrem Gegner ein Reraise mit einem Semi-Bluff recht wenige Probleme bereitet. Stattdessen sollten Sie dieses Manöver versuchen, wenn ein Semi-Bluff für Ihren Gegner gefährlich wäre und er bei einem Irrtum eine Menge zu verlieren hat.
Die zweite Bedingung bedeutet, dass es plausibel erscheinen muss, dass Sie wirklich eine sehr starke Hand haben. Es gibt unzählige Situationen, bei denen Sie mit einer sehr guten Hand einen Minimum-Raise oder einen anderen niedrigen Raise bringen können. Das Manöver für den kostenlosen Showdown funktioniert in solchen Situationen am besten, wenn Sie zuvor dafür gesorgt haben, dass Ihr Gegner nicht sicher sein kann, dass Sie eine starke Hand anders spielen würden und deshalb schwach sein müssen.
Ein Instrument des positionellen Arsenals
Egal, ob Ihre Gegner trickreich oder durchschaubar, aggressiv oder lasch sind, das Manöver für den kostenlosen Showdown verdient einen festen Platz in Ihrer Strategie. Bei Limit Hold’em gegen einen durchschaubaren Gegner, der bei Aggression auf dem Turn immer den Schwanz einzieht, können Sie das Manöver für den kostenlosen Showdown „missbrauchen“, um das schwache Spiel Ihres Gegners auszunutzen. Bei trickreichen Gegnern, die zu einem Reraise auf dem Turn imstande sind, müssen Sie zwar vorsichtiger sein, sollten das Manöver aber dennoch gelegentlich anwenden. Es ist fester Bestandteil einer ausgewogenen Strategie und wenn Sie es nie anwenden, verliert sich Ihr Positionsvorteil.
Versuchen Sie dieses Manöver mit einer passablen Hand, mit der Sie den Showdown sehen wollen. Die beste Situation dafür ist, wenn Ihre Hand durchaus vorne liegen könnte, sich aber kaum verbessern kann, falls Sie zurückliegt. Sie gewinnen eine zusätzliche Bet, wenn Ihr Gegner semiblufft oder mit einer schwachen Made Hand setzt, aber Sie setzen sich auch einem gefährlichen Semi-Bluff-Reraise bzw. einer weniger gefährlichen Bet auf dem River aus. Berücksichtigen Sie diese Risiken, bevor Sie das Manöver starten.
Das Manöver für den kostenlosen Showdown eignet sich gut, um starke Spieler aufgrund des Positionsvorteils zu frustrieren, und gegen schwache Spieler, die nie reraisen, ist es geradezu Gold wert. Schwingen Sie den Raise auf dem Turn in Partien mit schwachen Spielern wie einen Hammer, um aus Ihrem Positionsvorteil maximalen Vorteil zu schlagen.
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 30.11.2009.