Im ersten Teil ging es um die Maximierung des Erwartungswerts kleiner und mittlerer Paare in loose-passiven Partien. Betrachten wir nun die optimale Spielweise dieser Hände in anderen Partien.
Tight-passive (weak-tighte) Partien
Die Spieler in diesen Partien verstehen, dass sie tight spielen müssen, um Profit zu machen, ihr Spiel besitzt aber kaum Biss. Sie setminen und sind sehr gut zu lesen. Sie werden oft limpen, einen Standardraise callen und auf dem Flop check-folden, wenn sie kein Set treffen. Dieses vorhersehbare Spiel ist leicht auszunutzen. Bei Poker machen wir Geld, wenn die anderen Spieler Fehler machen. Finden Sie die Fehler Ihrer Gegner heraus und agieren Sie so, dass diese Fehler häufiger vorkommen und teurer sind. Der größte Fehler weak-tighter Spieler besteht darin, dass sie – selbst in Position – zu oft folden. Diese Gegner werden Sie selten in eine schwierige Lage bringen oder Sie dafür bestrafen, wenn Sie out of Position zu loose sind. Meiner Erfahrung nach finden Sie solche Partien ein paar Limits über den kleinsten Stakes.
Da diese Spieler beständig Geld in den Pot tun, nur um dann zu folden, wenn sie nicht gerade eine sehr gute Hand halten, lassen sich kleine und mittlere Paare in Early Position sehr gut raisen. Das gibt Ihnen die Intitiative und erlaubt es, den Pot Heads-up oder zu dritt zu spielen. Das ist gut, da diese Gegner oft auf eine Continuation Bet folden. Geld machen Sie, indem Sie preflop klein genug raisen, um noch gecallt zu werden. Dann setzen Sie auf dem Flop (und manchmal auch noch auf Turn und River). Diese Spieler werden manchmal eine bessere Hand folden. Andererseits werden Sie wenig Geld machen, wenn Sie selbst ein Set floppen, da Ihre Gegner selten mit einer schlechteren Hand viel Geld bezahlen werden. Diese Spieler befördern nur mit ihren sehr starken Händen Geld in den Pot. Ihre Implied Odds sind daher klein. Gegen diese Spieler haben Sie eine hohe Fold Equity und geringe Implied Odds. Ihren Profit maximieren Sie, indem Sie viele Blinds und verwaiste Pots einsammeln.
Loose/tight-aggressive (harte) Partien
Diese Partien sind zwar unterschiedlich, ich gruppiere loose und tighte Partien aber zusammen, da die Aggression mehr als alles andere Einfluss auf Ihr Spiel hat. In diesen Partien sitzen Spieler, die vor und nach dem Flop aggressiv sind. Diese Gegner besitzen Positionsverständnis und beuten Spieler aus, die zu oft out of Position spielen. Sie werden Bets auf dem Flop mit einer großen Zahl an Händen callen, um danach auf dem Turn zu bluffen. Außerdem werden sie mit einer größeren Zahl an Händen 3-betten. Kurz gesagt, es sind harte Gegner.
Eines der Probleme dabei, kleine und mittlere Paare in Early Position zu raisen besteht darin, dass häufige 3-Bets den Wert Ihrer Hand mindern. Bei Stacks von 100 Big Blinds wird man sehr oft auf eine 3-Bet folden müssen. In aggressiven Partien werden Sie öfter ge-3-bettet, wodurch ein Raise weniger vorteilhaft ist. Ein weiteres Argument gegen einen Raise ist, gute Spieler werden den Flop nicht so ohne weiteres folden. Wird Ihr Raise gecallt, dann wird auch Ihre Continuation Bet danach öfter gecallt als in einer weak-tighten Partie. Sie sind out of Position und nicht bereit all-in zu gehen. Nur leider zwingt Sie eine Turn-Bet Ihrer Gegner dazu, eine Entscheidung bezüglich Ihres gesamten Stacks zu treffen. Das ist eine ungünstige Situation. Das Problem, gegen einen guten Gegner out of Position zu sein, ist groß. Nehmen wir an, Sie raisen mit 22 preflop, der Flop kommt Q65 mit einem Flushdraw. Sie betten und werden gecallt. Was nun? Ihr Gegner kann mit einer Dame, Ass-hoch, einen Flushdraw, einem Straßendraw oder einem Monster gecallt haben. Es ist kaum möglich zu wissen, ob Ihre Hand vorne liegt. Sie befinden sich nun out of Position gegen einen Gegner, der Sie zu Fehlern zwingt und selbst kaum große Fehler begehen wird, während sich ein großer Pot zusammenbraut. Diese Situation wird öfter auftreten, wenn Sie kleine und mittlere Paare in Early Position raisen.
Leider bietet ein Limp keine bessere Ausgangssituation, wenn Ihre Gegner gut sind. Diese Spieler werden oft in Late Position raisen, um ihre Position auszunutzen. Außerdem werden sie so viele Hände raisen, dass Ihre Implied Odds klein sind. Je mehr Hände Ihre Gegner raisen, desto seltener halten sie etwas sehr Starkes. Von einer marginale Hand werden Sie keinen ganzen Stack gewinnen können. Sie werden zwar häufiger eine Continuation Bet einsammeln können, das verblasst aber im Vergleich zum selteneren Gewinn eines vollen Stacks mit 100 Big Blinds.
In diesen Partien werden Sie sich auf Ihr Urteilsvermögen verlassen müssen, wenn es darum geht, den bestmöglichen Spielzug herauszufinden. In einer loose-aggressiven Partie, in der es viele geraiste Multiway-Pots gibt, kann es das Beste sein, mit diesen Händen zu limpen, wenn Sie erwarten, oft gereraist zu werden. In einem geraisten Pot mit mehreren Spielern wird ein Set oft ausbezahlt, da der Pot größer sein wird und die Spieler daher eher bereit sein werden, Ihren gesamten Stack zu investieren. In einer loose-aggressiven Partie, in der oft ge-3-bettet wird und viele Pots Heads-up sind, kann es das Beste sein, mit diesen Händen zu raisen und auf eine 3-Bet gelegentlich zu 4-betten. Damit nutzen Sie den Fehler Ihrer Gegner aus, zu dünn zu 3-betten. Mit den schwächeren Paaren 4-betten Sie als Bluff und mit Händen wie JJ und TT für Value, da Ihre Equity gegen die gegnerische 3-Bet-Range gut ist.
In tighten und sehr harten Partien werden Ihre kleinen Paare in Early Position vermutlich nicht besonders profitabel sein. Hände wie 22-66 sind in einer Partie, die keine guten Implied Odds bietet und voller Gegner ist, die Ihre Position auszunutzen wissen, nicht besonders stark. Ihr bester Spielzug besteht entweder darin,
A) die schwächsten dieser Hände (z. B. 22-66) meistens zu folden oder
B) öfter mit diesen Händen, aber auch AA und KK, zu limpen, damit Ihre Gegner Ihre Limps nicht automatisch stehlen können.
Auch wenn Sie kleine Paare meistens folden sollten, rate ich dazu, gelegentlich mit ihnen zu raisen, um Ihr Spiel auszubalancieren. Sonst wären alle Ihre Raises aus Early Position mit sehr starken Händen. Ein Limp wäre dem Wert dieser Hände angemessen, man sollte aber seine gesamte Strategie im Auge behalten. Sie sollten nicht zu durchsichtig agieren und nur mit schwächeren Händen limpen. Generell versuchen Sie aber, den Betrag, den Sie preflop mit Ihren schwächeren Händen setzen, klein zu halten. Im allgemeinen möchten Sie mit 22 seltener große Pots preflop aufbauen wie mit AA. Das minimiert den positionellen Nachteil, während Ihre Gegner im Unklaren über die Stärke Ihrer Hand bleiben.
Spielen Ihre Gegner postflop aggressiv, dann sinkt Ihre Fold Equity, gleichzeitig haben Sie aber keine großen Implied Odds. Ihre Gegner werden nicht allzu leicht Ihren gesamten Stack verlieren (wenn auch häufiger als weak-tighte Spieler, da sie manchmal Semibluffs all-in und ähnliches machen werden). Geld werden Sie mit diesen Händen vor und beim Showdown gewinnen.
In beiden Fällen werden Sie bei einem Raise eine starke Range in Early Position haben. Daher werden Ihre Gegner kaum Gelegenheit dazu haben, ihre Position gegen Sie auszuspielen (insbesondere dann, wenn Sie gelegentlich Raises mit spekulativen Händen wie Suited Connectors einstreuen). Es wird sehr schwer für Ihre Gegner, Pots zu stehlen, da Sie oft eine starke Hand halten, die Sie nicht folden werden. Andererseits bieten Sie keine großen Implied Odds, da Sie nicht zu leicht Ihren Stack verlieren werden und Ihre Gegner nicht genau wissen werden, was Sie halten. So einen ausbalancierte Strategie ist eine gute Verteidigung gegen harte Gegner in der verwundbarsten Position. Der Schlüssel zur ausbalancierten Strategie ist, zur rechten Zeit gute Raises, Folds und Limps zu machen, so dass Ihre Gegner nie genau auf den Typ Ihrer Hand schließen und Sie dann vor schwierige Entscheidungen stellen können. Sie möchten es Ihren Gegner nicht zu leicht machen.
In der Praxis sollte man sich selten in so harten Partien befinden. Ihre beste Vorgehensweise besteht darin, abzuschätzen, welche Gegner loose sind und welche Fehler Sie und Ihre Gegner am ehesten begehen werden. Gibt es einen Spieler, der wie verrückt 3-bettet, und dem alle anderen aus dem Weg gehen? Raisen und 4-betten Sie in diesem Fall mit JJ. Gibt es zwei oder drei Gegner, die etwas zu loose sind, aber nicht besonders oft 3-betten, dafür aber gerne Limper raisen, so dass Sie wahrscheinlich Heads-up out of Position ohne die Initiative enden werden? Raisen Sie und reißen Sie die Initiative an sich. Vielleicht wird sich ein Multiway-Pot entwickeln. Das ist kein schlechtes Resultat. Wenn keine dieser Strategien funktioniert, dann folden Sie kleine Paare manchmal und/oder wechseln Ihre Strategie zufällig ab, so dass Ihre Gegner Ihre Range nicht so leicht eingrenzen können. Andererseits, ehrlich gesagt könnte Ihre beste Strategie darin bestehen, einen neuen Tisch zu suchen.
Zusammenfassung
Es ist richtig, dass Partien meistens nicht in eine dieser drei Kategorien fallen, aber das ist es, was Poker ausmacht. Man muss seine Gegner einschätzen können und so herausfinden, woher das Geld kommt. Außerdem können andere Stackgrößen die Art und Weise, wie in diesen Situationen vorzugehen ist, ändern. Behalten Sie alle Variablen im Auge. Die korrekte Vorgehensweise mit kleinen und mittleren Paaren in Early Position ist extrem situationsabhängig.
Jacob Hoke
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 20.08.2008.