“Die Bedingungen diktieren- und dadurch erfolgreich sein”
SUN TZU sagt; „Der starke Heerführer wird den Kampf gewinnen, der mutige und bedingungslose den Krieg“
Wir müssen uns jeden Tag Bedingungen stellen. Ob im Beruf oder in Partnerschaften, jeden Tag treffen wir Entscheidungen, die meistens mit irgendwelchen Bedingungen verknüpft sind. Viele davon gehen wir ein und es gibt einige, die wir genau abwägen, ob es sich lohnt, die Bedingungen zu akzeptieren. Im normalen Leben ist es nicht anders wie am Pokertisch. Die Bedingungen abwägen und entscheiden, ob es sich lohnt, diese einzugehen. Die Frage ist, warum treffe ich am Tisch manchmal Entscheidungen, die ich im normalen Leben nie treffen würde? Man glaubt halt manchmal, dass es einen Unterschied gibt und das ist oft ein Irrtum.
Immer wieder passiert es am Pokertisch, dass wir Gegner haben, die uns ihre Bedingungen aufzwingen wollen. Bet-Raise, Raise-Reraise – egal was wir machen, unser Gegner bestimmt das Spiel. Handelt es sich hier um jemanden, der jedesmal gute Blätter bekommt, um einen Gambler, jemanden der vom Spiel keine Ahnung hat oder ist es genau das Gegenteil? Ein erfolgreicher Profi sagte mir einmal, dass es wichtig ist zu erkennen, ob es sich um einen sehr starken und technisch guten Gegnern handelt oder „nur“ um einen sehr mutigen, der seine Karten auch sehr risikoreich spielt. Erfahrende Spieler werden das schnell herausfinden und ihr Spiel anpassen oder ihn im richtigen Moment auflaufen lassen. Aber was können nicht so erfahrene Spieler tun? Kann man dann wirklich nur warten bis man ein Monsterblatt hält? Ich glaube, das gilt zumindest für unerfahrene Spieler. Wenn es aber dem Gegner gelingt, mit einer guten Strategie und guten Manövern uns seine Bedingungen zu diktieren, ist er klar im Vorteil. Wichtiger ist aber, dass wir versuchen, diesen Spieler richtig zu lesen, und auf jede Kleinigkeit achten. Dieses ist leichter gesagt als getan, aber mit Geduld und einer guten Beobachtungsgabe sollte das gelingen. Die Frage hier ist, kann ich an Hand von Körpersprache erkennen, mit welcher Art von Spielern ich es zu tun habe?
Es gibt verschiedene Signale, an denen man erkennt, ob ein Mensch aggressiv ist und sich dadurch zu unüberlegten Handlungen verleiten lässt. Es gibt natürlich auch Menschen, denen man es absolut nicht ansieht, wie sie denken und fühlen und kaum zu lesen sind, aber das sind eher die Ausnahmen. Seine Körpersprache zu kontrollieren, ist fast unmöglich. Natürlich gibt es auch hier Menschen, die das perfekt beherrschen. Gehen wir aber von dem normalen Menschen aus, der sich wenig Gedanken über seine Körpersprache macht. Was für Informationen sendet er uns über seinen momentanen Gefühlsstand? Neben den verbalen Äußerungen ist die Gesichtsmimik ein wichtiger Punkt, an dem man Aggressionen erkennen kann. Zuckende Kaumuskeln zum Beispiel, die unaufhörlich in Bewegung sind. Das kann wiederum auch ein Zeichen von Missmut und Verärgerung sein. Augenbrauen, die sich immer wieder zusammenziehen und die Augen dabei nach oben schauen. Es gibt natürlich noch wesentlich mehr Merkmale und sehr wichtig ist, alle Tells immer im Zusammenhang zu sehen. Das setzt eine gute Beobachtungsgabe voraus und ist das Schwierige daran, Körpersprache richtig zu verstehen. Ich kann hier empfehlen, sich Bücher über Körpersprache zuzulegen und sich damit zu beschäftigen. Auch gibt es einige Konzentrationsübungen, die es uns erleichtern können, uns viele Details auf einmal zu merken (hier gibt es auch ausgezeichnete Bücher drüber). Anfänger sollten damit anfangen, sich ein oder zwei Spieler am Tisch auszusuchen, um im Laufe der Zeit ihre Fähigkeit, richtig zu deuten, immer weiter zu verbessern. Alles und jeden immer richtig zu verstehen und zu deuten, ist in meinen Augen fast unmöglich. In Gesprächen mit Spielern wird das auch immer wieder bestätigt. Natürlich kann auch die perfekteste Analyse daneben gehen, aber das macht ja auch den Reiz des Pokerspiels aus.
Jeder. der schon einmal ein Turnier gewonnen hat, weiß, wie mutig man manchmal sein muss, um dort hinzukommen. Ein All-in zu callen oder selbst einen solchen Move zu machen, ist in jeder Hinsicht mutig. Mal davon abgesehen, was in der Zeit mein Puls und mein Stressspiegel machen, die ins Unermessliche steigen. Ein guter Freund hat es einmal so ausgedrückt. Ein All-In zu callen und dann das Board zu sehen, ist gleichzusetzen mit dem Stressspiegel eines Piloten bei Start und Landung. Den Stressspiegel zu kontrollieren, geht das? Ich versuche im nächsten Artikel einige Situationen zu beschreiben und Tipps zu geben, wie man seinen Stressspiegel dabei unter Kontrolle hält.
In diesem Sinne bis zum nächsten Mal
Manfred Schuetz
Zitat
Fest und stark ist nur der Baum, der unablässig Windstößen ausgesetzt war, denn im Kampf festigen und verstärken sich seine Wurzeln!
Lucius Annaeus Seneca ( 4v. Chr. – 65 n. Chr. ), römischer Dichter und philosophischer Schriftsteller
Dieser Artikel erschien auf PokerOlymp am 15.08.2007.